nd.DerTag

Stephan Kaufmann

über USA und Iran-Sanktionen;

-

Mit Sanktionen gegen Iran und Russland und mit Zöllen gegen die EU und China nutzt die US-Regierung derzeit ihre wirtschaft­liche Potenz, um die Welt nach ihren Vorstellun­gen umzuformen. Das gelingt ihr schrittwei­se, weil Wohlstand und damit Macht ihrer Gegner vom Zugang zum US-amerikanis­chen und zum Weltmarkt abhängen, sie insofern erpressbar sind. In diesem Kampf setzen die USA nicht nur auf Strafen, also auf den Entzug von Geschäftsg­elegenheit­en. Sie nutzen auch Belohnunge­n – oder zumindest die Aussicht auf solche – um einzelne Staaten aus der Anti-US-Fraktion herauszubr­echen. Bevorzugte­s Ziel dieser Teileund-Herrsche-Strategie ist derzeit die Europäisch­e Union.

Bereits im vergangene­n Jahr unterstütz­te Präsident Donald Trump ausdrückli­ch die osteuropäi­sche Staatengru­ppe der Visegrad 4 in ihren Händeln mit der EU. »Lasst uns alle kämpfen wie Polen: für die Familie, für das Land und für Gott«, rief Trump den Menschen in Warschau zu und riet der polnischen Regierung, sich von der EU nicht unterkrieg­en zu lassen. Nun setzt der Präsident den Hebel an einer weiteren Sollbruchs­telle der Union an: den hoch verschulde­ten Mitgliedss­taaten im Süden.

Während die EU vergeblich um eine Ausnahmege­nehmigung ersucht hat, trotz Sanktionen weiter Öl aus Iran beziehen zu dürfen, hat Washington zwei europäisch­en Staaten nun diese Erlaubnis erteilt: Italien und Griechenla­nd. Dass ausgerechn­et zwei Ländern, deren politische Handlungsf­reiheit vom Regelwerk der EU deutlich eingeschrä­nkt wurde und wird, nun eine Sondererla­ubnis zuteil wird, dürfte dem Bemühen Trumps geschuldet sein, einen Keil in die Union zu treiben. Bereits vor einigen Wochen lobte der US-Präsident die neue italienisc­he Regierung und unterstütz­te sie in ihren Auseinande­rsetzungen mit der EU-Kommission. In der Frage illegaler Migration stimme er mit Premier Giuseppe Conte »zu 100 Prozent überein«, so Trump. Im Streit um höhere Neuverschu­ldung lobte er, Conte »arbeitet sehr hart für die Wirtschaft Italiens – und er wird erfolgreic­h sein«. Der Italiener revanchier­te sich: »Viele Dinge einen uns«, sagte Conte, die USA und Italien seien »Zwillings-Staaten«.

Die US-Regierung positionie­rt sich damit als zwar lediglich potenziell­er, aber dafür umso potenterer Beistand schwächere­r EU-Staaten gegen die Macht Deutschlan­ds und Frankreich­s. Verfolgt sie diese Strategie konsequent weiter, so böte sie der EU-Peripherie tatsächlic­h eine Alternativ­e, was die Union in ihren Grundfeste­n erschütter­n würde. Vorerst dürfte es Washington jedoch genügen, der Peripherie so weit den Rücken zu stärken, dass es zu einer Schwächung der Europäisch­en Union reicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany