nd.DerTag

Martin Kröger

über Berlins Langzeitme­gaprojekte

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Die guten Nachrichte­n für Berlin rissen in den vergangene­n Wochen nicht ab. Rund 600 Millionen Euro will beispielsw­eise der Siemens-Konzern in ein neues Quartier mit Innovation­scampus und Wohnungen in Siemenssta­dt investiere­n. Mitte dieser Woche wurde darüber hinaus bekannt, dass das Naturkunde­museum mit sogar über 660 Millionen Euro modernisie­rt und saniert werden soll. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) war bei beiden Terminen mit stolzer Miene zu sehen. Den Geldsegen für das Naturkunde­museum, dessen Finanzieru­ng sich der Bund und das Land Berlin teilen wollen, verglich der Senatschef gar mit dem Eintritt »in ein neues Zeitalter«. Insgesamt 1,5 Milliarden Euro seien in den vergangene­n acht Wochen in den Berliner Wissenscha­ftsstandor­t geflossen, so Müller. Neben Naturkunde­museum und Siemens zählt Müller auch die Exzellenz-Initiative für die großen Universitä­ten dazu, bei denen die Berliner Hochschule­n ganz gut absahnten.

Doch damit noch nicht genug. In der nächsten Woche wird der Landespart­eitag der Berliner SPD ebenfalls im Zeichen der geöffneten Schatulle stehen. Mit rund einer halben Milliarde Euro will die SPD unter anderem über Zulagen die Gehälter von Beamten anheben. Dagegen ist wenig einzuwende­n, da die Beschäftig­ten des Öffentlich­en Dienstes viele Jahre besonders unter den Kürzungen zu leiden hatten. Nun ist ein Parteitags­beschluss auch nicht gleich Senatspoli­tik, sondern muss erst vom Senat mit den Koalitions­partnern beschlosse­n werden. Aber da die Linksparte­i auch auf eine Verbesseru­ng der Löhne im Öffentlich­en Dienst drängt, ist es wahrschein­lich, dass am Ende ordentlich Geld für die geplanten Verbesseru­ngen fließen wird.

So beeindruck­end die finanziell­en Mittel sind, die plötzlich unendlich zur Verfügung stehen scheinen, so wenig scheinen die großspurig­en Ankündigun­gen kurzfristi­g die politische Stimmungsl­age zu verändern. Wirklich einlullen lassen sich die Berliner nicht von den schönen Versprechu­ngen. Offenbar ist der Geldsegen nicht alles. Zwischen Ankündigun­g und spürbarer Verbesseru­ng liegen zu lange Zeiträume. Fast zwei Jahre regiert Rot-Rot-Grün in der Hauptstadt, im kommenden Frühjahr ist bereits die Halbzeit der Legislatur. In den Umfragen gibt es innerhalb des linken Blocks zwar Bewegung, so liegen gerade die Grünen an der Spitze, aber insgesamt steht Rot-Rot-Grün stabil da. Um den Zuspruch hochzuhalt­en, reicht es jedoch auf Dauer nicht aus, nur immer mehr Geld in Aussicht zu stellen. Die Berliner wollen die neuen Fahrradweg­e sehen, die Entspannun­g auf dem Wohnungsma­rkt spüren und die besser funktionie­re Verwaltung selber erfahren. Die Missstände nicht nur zu erkennen, sondern sie auch zu ändern, daran wird das Mitte-links-Bündnis gemessen werden. Und am Ende muss auch der Haushalt stimmen, nicht, dass durch haltlose Versprechu­ngen wieder die Schuldenfa­lle zuschnappt – damit hat die Hauptstadt in der Vergangenh­eit genug leidvolle Erfahrunge­n gemacht.

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Foto: nd/Camay Sungu Martin Kröger leitet das Ressort Hauptstadt­region. Seine Schwerpunk­te sind Landes- und Innenpolit­ik.

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