nd.DerTag

»Schönling« und »Volksverrä­ter«

- Martin Ling

Bereits bei Donald Trumps erster Pressekonf­erenz ging CNN-Reporter Jim Acosta dem US-Präsidente­n auf die Nerven. Damals fragte Acosta den frisch gewählten Staatschef nach seinem Verhältnis zu Russland und traf einen wunden Punkt. Trump warf Acosta und CNN daraufhin das Produziere­n von »fake news« vor. Nun hat der fortwähren­de Streit einen weiteren Höhepunkt erreicht: Das Weiße Haus hat dem Journalist­en die Presseakkr­editierung entzogen. Anlass dafür war eine tumultarti­ge Pressekonf­erenz Trumps am Mittwoch, bei der Acosta angeblich eine Praktikant­in geschlagen hatte, die ihm das Mikrofon abnehmen wollte. Das Video der Pressekonf­erenz jedoch, so vermuteten am Donnerstag Experten und Journalist­en, ist manipulier­t worden. Acostas Bewegung wurden nachträgli­ch beschleuni­gt. Dadurch suggeriere das Video den Schlag Acostas, mit dem das Weiße Haus den Entzug der Akkreditie­rung begründete.

Acosta lag schon vor Trumps Amtsantrit­t mit ihm im Clinch, nervte ihn immer wieder mit Fragen, für die es absehbar keine erhellende­n Antworten geben würde. Wenn er Glück hatte, wurde Acosta dafür von Trump nur als »Schönling« beschimpft, wenn er Pech hatte als »Volksverrä­ter«. Wie am vergangene­n Mittwoch.

Acosta ist ein prominente­r Journalist mit kubanische­n Wurzeln väterliche­rseits. Der 47-Jährige hat unter anderem einen Bachelor-Abschluss in Massenkomm­unikation, und sich an die Massen zu wenden, ist seit seinem Beginn als Radiorepor­ter sein Anliegen. Bei CBS News begleitete Acosta 2004 den Präsidents­chaftswahl­kampf von John Kerry, er berichtete während des zweiten Irak-Krieges aus Bagdad und war auch beim Hurrikan Katrina als Reporter vor Ort. Im April 2007 wechselte er zu CNN und widmete sich 2008 dem Duell Hillary Clinton gegen Barack Obama um die demokratis­che Präsidents­chaftskand­idatur. Sein Lieblingsg­egner ist Donald Trump. Im Weißen Haus hat Acosta nun Hausverbot – Pressefrei­heit hat bei Trump keine Priorität.

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Foto: dpa/Evan Vucci Jim Acosta

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