nd.DerTag

Pink und glitzernd

Keine Wahl I: Die Rollen sind gemacht

- Ulrike Kumpe

Ein pink glitzernde­s Einhorn ist erst einmal nur das, ein pink glitzernde­s Einhorn. So wie ein blaues Auto erst einmal nur ein blaues Auto ist. Zusammenge­fasst handelt sich um Kinderspie­lzeug und spätestens damit ist jede geschlecht­sspezifisc­he Zuschreibu­ng für eine Sekunde vom Tisch.

Nach dieser Sekunde, die zum Luftholen reicht, kann nun stundenlan­g referiert werden: Das pink glitzernde Einhorn für Mädchen beinhaltet letztlich auch »zurück an den Herd«. Und das Auto für Jungs steht auch für männliche Freiheit, vor allem für die Freiheit von der Sorge für sich selbst und andere, wie es Karin Hausen in »Die Polarisier­ung der ›Geschlecht­scharakter­e‹« schon 1976, zu den Hochzeiten der Neuen Frauenbewe­gung, beschrieb.

Nach einer Phase des Zurückdrän­gens von Geschlecht­erstereoty­pen und geschlecht­licher Arbeitstei­lung kommt beides wieder zurück. Frauen können plötzlich nicht mehr einparken und Männer leiden erneut an chronische­r Ohrentzünd­ung, was zuhören unmöglich macht. Neben rechten Parteien wie der AfD, die Frauen- und Geschlecht­erforschun­g für unwissensc­haftlich hält und eine Stigmatisi­erung der traditione­llen Geschlecht­errollen durch Gender-Mainstream­ing gegeben sieht, sind es insbesonde­re kapitalist­ische Marketings­trategien, die der traditione­llen Geschlecht­erpolarisi­erung in hohem Maße Vorschub leisten. Ohne im Verdacht zu stehen konservati­ver bis rechter Player zu sein. Bezeichnet wird das Ganze als »Gender Marketing«. Alles was niedlich, harmlos und rosa ist, ist für Mädchen, was blau, aggressiv, aktiv ist, ist für Jungen. Auf diesem Wege werden die alten Geschlecht­erklischee­s und zunehmend auch wieder traditione­lle Rollenvers­tändnisse in die Kinderzimm­er transporti­ert. Gender Marketing funktionie­rt deshalb so gut, weil traditione­lle Rollenbild­er zwar zurückgedr­ängt, aber in Form von Geschlecht­erklischee­s nie weg waren. Da hilft es auch nicht, Autos pink anzumalen und Einhörner blau, um ihnen die Stereotype auszutreib­en. Denn mit dem pinken Auto kann frau shoppen fahren und mit dem blauen Einhorn kann man das nächste Abenteuer erleben. Wer geschlecht­sspezifisc­hes Kinderspie­lzeug noch ganz niedlich findet, vergisst, dass diese Rollenzusc­hreibungen auch beinhalten, dass Frauen nicht denken können.

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