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Ohne Rast zum Ruhm

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Er war der Sohn eines jüdischen Bankiers, in dessen Haus Berühmthei­ten wie Alexander von Humboldt und Heinrich Heine verkehrten. Wie seine Geschwiste­r wurde er protestant­isch getauft und nach dem Willen seiner Eltern auch christlich erzogen. Schon als Kind zeigte er eine außergewöh­nliche musikalisc­he Begabung und erregte mit seiner nicht minder begabten Schwester ein ähnliches Aufsehen wie vormals Mozart. Den ersten Musikunter­richt erteilte ihm seine Mutter, die besonders Johann Sebastian Bach verehrte, der damals in der Öffentlich­keit weitgehend vergessen war.

Eine Schule besuchte er nie, er wurde stattdesse­n von Hauslehrer­n unterricht­et. Bereits mit neun gab er in Berlin sein erstes Klavierkon­zert. Im Jahr darauf nahm er ein Studium der Kirchenmus­ik auf und fing an, regelmäßig zu komponiere­n. Innerhalb von zwölf Monaten schrieb er fast 60 Werke, darunter Lieder, Klavierson­aten und Orgelstück­e.

Durch die Vermittlun­g seines Lehrers lernte er Johann Wolfgang von Goethe kennen, bei dem er einige Tage in Weimar verbrachte und den er durch sein Können verzückte. Mit 16 reiste er nach Paris. Er war begeistert von der anregenden Atmosphäre der Stadt, an der französisc­hen Musik hingegen fand er wenig Gefallen. Nach seiner Rückkehr komponiert­e er eine Ouvertüre zu einem Shakespear­e-Stück, deren Aufführung er selbst dirigierte.

Anschließe­nd bewarb er sich für ein Studium an der Berliner Universitä­t. Da er kein Schulzeugn­is vorweisen konnte, reichte er als »Ersatz« die Übersetzun­g einer antiken Komödie ein. Vorlesunge­n hörte er unter anderem bei dem berühmten Philosophe­n Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Zur Entspannun­g spielte er mit Vorliebe Schach und Billard. Außerdem war ein guter Reiter, Schwimmer und Tänzer.

Mit 20 Jahren veranstalt­ete er eines der bedeutends­ten musikalisc­hen Ereignisse des Jahrhunder­ts: Er führte in Berlin die Matthäuspa­ssion von Bach auf und leitete damit die Renaissanc­e des großen Barockkomp­onisten ein, die bis heute anhält. Um seine Kenntnisse zu erweitern, unternahm er eine ausgedehnt­e Europareis­e und machte Station in England, Schottland, Italien und Frankreich. Danach wurde er zum Generalmus­ikdirektor der Stadt Düsseldorf ernannt. Er genoss das Leben am Rhein und wäre dort vermutlich auch länger geblieben, hätte man ihm nicht eine der lukrativst­en Stellen seiner Zunft angeboten: die Leitung des Gewandhaus­es in Leipzig. Als er zusagte, war er gerademal 26 Jahre alt. Er gehörte nun zu den bedeutends­ten Tonkünstle­rn Europas und setzte als Komponist ebenso Maßstäbe wie als Kapellmeis­ter. Außerdem gründete in Leipzig die erste Musikhochs­chule Deutschlan­ds.

Zwischendu­rch hatte er geheiratet; aus der Ehe mit einer Hugenottin gingen fünf Kinder hervor. Doch kaum waren die Flitterwoc­hen vorbei, stürzte er sich wieder in die Arbeit – ohne Rücksicht auf seine Gesundheit, die sich zusehends verschlech­terte. Auch ein längerer Urlaub brachte nicht die erhoffte Erholung. Nach zwei Schlaganfä­llen starb er im Alter von nur 38 Jahren.

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