Zurück auf Anfang bei Franco A.?
Trotz aller Beschwichtigungen – es gab ein rechtsextremes Netzwerk in der Bundeswehr
Franco A. war Oberleutnant der Bundeswehr. Im Frühjahr 2017 hatte man den 28-Jährigen festgenommen. Grund: Terrorverdacht. Nun sind neue Indizien für ein rechtes Netzwerk bekannt geworden.
Als Mitglied der Deutsch-Französischen Brigade im französischen Illkirch bei Straßburg stationiert, gab sich Franco A. 2015 als Flüchtling aus. Er behauptete, ein Obstverkäufer aus Syrien zu sein und beantragte unter dem Namen »David Benjamin« Asyl. Das Bundesamt für Migration teilte dem Mann ein Zimmer in einer Asylunterkunft zu und wunderte sich nicht, dass der »Syrer« kein Wort Arabisch, wohl aber gut Französisch sprach. Seinen Dienst bei der Truppe verrichtete der Offizier weiter.
Das Doppelleben allein wäre strafbar. Doch der Generalbundesanwalt hatte Grund auch zur Annahme, dass A. mit zwei Komplizen einen Anschlag plante. Das Trio habe sich vorgenommen, den Verdacht »auf in Deutschland erfasste Asylbewerber zu lenken«. Doch A. flog auf, als er eine Pistole vom Typ Unique 17 auf einer Toilette des Wiener Flughafens abholen wollte, die er nach eigenen Angaben dort deponiert hatte.
Das Bundeskriminalamt (BKA) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) stießen auf Chat-Gruppen von Rechtsextremisten, Verschwörungstheoretikern und »Preppern« – Menschen, die sich mit allerlei Lagerhaltung und Training auf den Zerfall der Gesellschaft vorbereiten. Man fand Munition, die bei Schießübungen abgezweigt wurde, und auch eine Art Todesliste. Auf ihr standen die Namen des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, des heutigen Außenministers Heiko Maas und Mitgliedern eines linken Künstlerkollektivs – und auch des LINKE-Fraktionschefs im Bundestag Dietmar Bartsch.
Zum politischen Skandal hätte der Fall lange zuvor werden müssen, denn A.s Gesinnung war in der Truppe bekannt. Nach seiner Festnahme handelte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) konsequent, kritisierte »ein Haltungsproblem« und »Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen« der Truppe. Die CDU-Politikerin sprach von »falsch verstandenem Korpsgeist« und ordnete Durchsuchungen von Kasernen an. Alle Nazi-Devotionalien mussten entfernt werden. Im Ergebnis kam ein neuer Traditionserlass heraus.
Damit machte sich von der Leyen kaum Freunde in der Truppe. Bald schien der Fall Franco A. weniger bedeutsam. Der Soldat wurde Ende 2017 mangels fehlenden Tatverdachts aus Untersuchungshaft entlassen. Seine mutmaßlichen Komplizen waren da bereits frei. Die Bundesanwaltschaft erhob im Dezember dennoch Anklage. Von einem rechten Terrornetzwerk in der Bundeswehr aber war keine Rede mehr.
Und das muss schon wundern. Denn, so berichtet nun das Nachrichtenmagazin »Focus«: Das BKA war tatsächlich auf ein konspiratives Netzwerk von radikalen Preppern innerhalb der Bundeswehr gestoßen. Zu dem gehörten auch Angehörige anderer Sicherheitsbehörden. Man habe geheime Waffendepots und Treibstofflager angelegt. Auch soll es tatsächlich zahlreiche Verbindungen zu einem Verein für Elitesoldaten und zu Angehörigen des KSK sowie Planungen für Aktionen gegen missliebige Politiker gegeben haben. Vor dem Amtsgericht Köln wurde Anklage gegen einen Oberstleutnant erhoben, der beim Militärischen Abschirmdienst für den Kontakt zum Bundeskriminalamt und zur Bundesanwaltschaft zuständig war. Man wirft dem Mann vor, Informationen über bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen in einer Kaserne weitergegeben zu haben. Wann das Verfahren wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen beginnt, sei noch nicht entschieden.