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Mit Privatinit­iative Spekulatio­n ausbremsen

Aktivisten wollen Liegenscha­ften nach Vorbild angelsächs­ischer Community Land Trusts sichern

- Von Nicolas Šustr www.clt-berlin.org

Eine gemeinwohl­orientiert­e Bodenpolit­ik braucht auch Privatinit­iative, sind Aktivisten überzeugt. Sie wollen möglichst viel Flächen dem renditeget­riebenen Immobilien­markt dauerhaft entziehen.

»Wenn wir sagen: › Spendet eure Häuser‹, dann brauchen wir feste Kriterien was die Ziele angeht«, sagt Anna Heilgemeir. Die studierte Architekti­n ist Teil der Initiative »Community Land Trust (CLT) aus dem Berliner Bezirk Friedrichs­hainKreuzb­erg, die auf privatrech­tlichem und bürgerscha­ftlichem Weg den Boden der Spekulatio­n entziehen will, und zwar dauerhaft.

Das Modell CLT ist bisher vor allem im angelsächs­ischen Raum verbreitet. Vergleichb­ar einer Stiftung hält der Trust unveräußer­lich das Eigentum am Boden. Die konkreten Nutzungen, meist Wohnhäuser, werden über Erbbaurech­tsverträge gewährt.

Am Freitagnac­hmittag trafen sich Aktivisten und Interessie­rte im Rahmen der Experiment­days zur Vorstellun­g und Diskussion der bisher entwickelt­en Ideen. Bis Jahresende soll ein erstes Konzept stehen, inklusive eines eingängige­n Namens.

»Dass wir über den CLT reden müssen ist sicher auch der Situation geschuldet, was mit unserem Staat passiert ist«, meint der Stadtsozio­loge und Mieterakti­vist Andrej Holm. Immerhin rund zwei Prozent der Berliner Landesfläc­he seien in den Sparjahren privatisie­rt worden, berichtet Stadtaktiv­istin Daniela Brahm. Zwar gebe es unter anderem mit dem Sonderfond­s Daseinsfür­sorge (SODA) eine Keimzelle für einen landeseige­nen Bodenfonds, doch nur mit demokratis­cher Kontrolle ließe sich ein möglicher Wiederverk­auf von Landesfläc­hen verhindern.

Auch bei Genossensc­haften ist ein Verkauf von Flächen nicht ausgeschlo­ssen, die Mitglieder müssen ihn nur beschließe­n. Das ist umso wahrschein­licher, je kleiner der Bestand ist. Dieses Szenario malt ein Mitglied der Wohnungsba­ugenossens­chaft Luisenstad­t eG an die Wand, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. 20 Häuser rund um die Kreuzberge­r Oranienstr­aße gehören zum Bestand der von ehemaligen Hausbesetz­ern gegründete­n Genossensc­haft. Rund 40 Prozent der jetzigen Mitglieder gehören inzwischen der Nachfolgeg­eneration der Besetzer an. »Ich habe Angst, dass sie verkaufen wollen«, sagt das Mitglied. Die Verlockung wäre schließlic­h groß. Der Buchwert der 20 Häuser und Grundstück­e liege bei sieben Millionen Euro – das werde in Kreuzberg inzwischen für ein einziges Haus gezahlt. Die Einbringun­g der Grundstück­e in einen Trust brächte mehr Sicherheit.

Für die Sicherung der Grundstück­e gegen Weiterverk­auf soll im CLT neben entspreche­nden Regelungen in der Satzung auch eine Drittelpar­ität im Aufsichtsr­at aus Vertretern von Nutzern, Anwohnern und Öffentlich­keit sorgen. Die Vorbilder in den USA und Großbritan­nien sind meist relativ kleinräuml­ich organisier­t. Ob die Berliner Entsprechu­ng auf Kiez-, Bezirks- oder Landeseben­e agieren soll, ist Teil der laufenden Diskussion­en.

Zu besprechen gibt es noch einiges. Zum Beispiel, welche Miethöhe noch für einen Beitritt in einen Community Land Trust akzeptabel ist oder ob Gutverdien­er mehr zahlen sollen, um andere zu unterstütz­en. »Mir gefällt, dass mit dem Ansatz ein sehr funktional­es Verhältnis dazu aufgebaut wurde, gewisse Ziele zu erreichen«, sagt Holm. Manche Diskussion­en zur Bodenpolit­ik seien »sehr abstrakt«.

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