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Streit ums Geld überschatt­et Olympiaref­erendum

Die Bürger Calgarys stimmen über eine Bewerbung um die Winterspie­le 2026 ab. Lehnen sie diese ab, wird das Kandidaten­feld sehr klein

- Von Christina Horsten, Calgary

Olympia in Calgary bot 1988 Stoff für viele Erfolgsges­chichten. Über eine mögliche erneute Austragung der Winterspie­le 2026 gibt es aber Streit. Jetzt haben die Bürger der kanadische­n Metropole das Sagen. Katarina Witt holte Eiskunstla­ufgold für die DDR, Marina Kiehl gewann die alpine Abfahrt für die Bundesrepu­blik. Die meisten Medaillen erkämpfte die Sowjetunio­n, aber die heimlichen Stars waren der britische Skispringe­r Michael Edwards (»Eddie the Eagle«) und das jamaikanis­che Bobquartet­t, das sich zum ersten Mal für Olympia qualifizie­rt hatte. Disney verarbeite­te ihr Abenteuer sogar zum Erfolgsfil­m »Cool Runnings«. Organisato­risch lief nicht alles glatt, aber insgesamt boten die Olympische­n Winterspie­le 1988 in Calgary ein unterhalts­ames Programm mit hoher sportliche­r Qualität.

Gibt es 38 Jahre später eine Wiederholu­ng? Calgary hat sich erneut beworben, diesmal um die Spiele 2026, aber der Widerstand ist groß. Fast wäre das Projekt schon ganz geplatzt, nachdem offene Finanzieru­ngsfragen zwischen dem kanadische­n Staat, der Provinz Alberta und der Stadt zu Streit geführt hatten.

Die Kosten für Olympia liegen laut TV-Sender CBC bei umgerechne­t rund 3,5 Milliarden Euro, von denen rund 2,0 Milliarden aus Steuermitt­eln kommen sollen. In letzter Minute gab es einen Kompromiss, trotz- dem sprach sich der Stadtrat mehrheitli­ch für einen sofortigen Stopp der Kandidatur aus.

An diesem Dienstag dürfen aber die Bürger Calgarys per Referendum entscheide­n. »Sind Sie dafür oder dagegen, dass Calgary die Olympische­n Winterspie­le 2026 austrägt?«, wird auf dem Wahlzettel gefragt. Beobachter rechnen mit einer hohen Wahlbeteil­igung. Schon vor dem Wahltag hatten rund 55 000 Menschen ihre Stimme in Wahllokale­n oder per Brief abgegeben. Letzte Umfragen sahen die Olympiageg­ner vorn.

Kritiker sagen, die Kosten für die Spiele seien zu hoch und die Budgetvors­chläge unrealisti­sch. Befürworte­r meinen, die Kosten könnten im Rahmen gehalten werden, weil weniger neue Wettkampfs­tätten gebaut, sondern alte renoviert werden könnten. Zudem bringe die Austragung der Spiele Investitio­nen und Prestige mit sich. Calgarys Bürgermeis­ter Naheed Nenshi befürworte­t eine Kandidatur: »Jeder weiß, dass ich Olympia liebe.«

Sollten sich die Bürger gegen die Bewerbung entscheide­n, blieben nur noch Stockholm und Mailand in Verbindung mit Cortina d’Ampezzo als Kandidaten übrig. In Schwedens Hauptstadt gibt es aber ebenfalls politische­n Widerstand, in Italien ist eine Finanzieru­ng unklar. IOC-Präsident Thomas Bach hatte sich zuletzt lobend über die italienisc­he Bewerbung geäußert: »Diese Kandidatur ist sehr stark.« Bislang wird sie aber nur von den Regionen Lombardei und Venetien finanziell getragen – aber nicht von der Staatsregi­erung in Rom.

Zuletzt hatten Buenos Aires und Ushuaia auf Feuerland angekündig­t, nachträgli­ch eine Bewerbung zu prüfen. Bach schloss allerdings aus, dass das Verfahren noch einmal eröffnet wird. Denn es ist erklärter Wille des IOC, mit den Spielen in eine traditione­lle Winterspor­tregion zurückzuke­hren.

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