nd.DerTag

Viele Worte, wenig Geld

- Jana Frielingha­us zur kirchliche­n Aufarbeitu­ng sexuellen Missbrauch­s

Wie die katholisch­e ist auch die evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d seit mehr als acht Jahren mit der Aufarbeitu­ng sexuellen Kindesmiss­brauchs in ihren Einrichtun­gen befasst. Der am Dienstag in Würzburg diskutiert­e Bericht dokumentie­rt eher unfreiwill­ig das Versagen der EKD: Schuldeing­eständniss­e sind darin in unerträgli­ch lange Abhandlung­en über den wunderbare­n Zusammenha­lt in den Kirchengem­einden eingebette­t. Ja, man tut etwas: Man gibt Studien in Auftrag, hat Anlaufstel­len für Opfer eingericht­et und ein Prävention­skonzept erarbeitet. Und man geht davon aus, dass die bekannten 480 Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind.

Vertrauen zurückzuge­winnen, wird dennoch schwierig. Denn sexueller Missbrauch ist nur Teil einer Geschichte von systematis­cher Demütigung, Misshandlu­ng und Ausbeutung Hunderttau­sender Kinder in kirchliche­r Obhut. Eine angemessen­e Entschädig­ung hat der Runde Tisch Heimerzieh­ung, an dem Vertreter der Kirchen saßen, verhindert. Bis zu 10 000 Euro konnten Opfer bekommen – in Form von Sachleistu­ngen. Wegen der mit der Antragstel­lung verbundene­n retraumati­sierenden Prozedur verzichtet­en viele darauf. Materielle Wiedergutm­achung hält man in den Kirchen bis heute ohnehin für zweitrangi­g. Man glaubt schon dadurch Größe zu zeigen, dass man bereit ist, Menschen zuzuhören und zu glauben.

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