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Landesbank weg, Geld geblieben

Regierende­r Bürgermeis­ter: Plus/minus null aus der Katastroph­e herausgeko­mmen

- Von Nicolas Šustr

Der Skandal um die Landesbank Berlin 2001 kostete nicht nur Eberhard Diepgen das Amt. Der Landeshaus­halt ist unter dem Strich jedoch glimpflich davongekom­men, sagt der Senat. »Wir sind plus/minus null aus der Katastroph­e der Bankgesell­schaft Berlin herausgeko­mmen«, sagt der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) mit feierliche­r Miene am Dienstag im Roten Rathaus. Eine »große Erleichter­ung« sei das. Anlass für den Auftritt zusammen mit seinem Parteifreu­nd und Finanzsena­tor Matthias Kollatz ist, dass die berlinovo nun nicht mehr auf Bürgschaft­en des Landes angewiesen sei. Denn die einst als Bad Bank der Bankgesell­schaft gegründete berlinovo ist nun finanziell soweit gesundet, dass die zuletzt 3,8 Milliarden Euro an Kreditgara­ntien nicht mehr benötigt werden. »Es ist gelungen, durch Ausschreib­ungen am Markt unverbürgt zu ähnlichen Konditione­n Kredite zu bekommen wie verbürgt«, erläutert Kollatz.

Rückblick: 2001 kam die horrende Schieflage der Bankgesell­schaft Berlin ans Licht der Öffentlich­keit. Allein schon die rechtliche Konstrukti­on der Bank mit öffentlich-rechtliche­n und privatwirt­schaftlich­en Teilen des 1994 gegründete­n Instituts galt als bemerkensw­ert. Noch mehr waren es die Immobilien­kredite und die für Anleger äußerst günstigen Immobilien­fondsangeb­ote. Zunächst musste der CDUPolitik­er Klaus-Rüdiger Landowsky seinen Hut nehmen, im Juni 2001 stürzte auch der Senat des Regierende­n Bürgermeis­ters Eberhard Diepgen (CDU), weil die SPD die Koalition aufgekündi­gt hatte. Natürlich waren auch die Sozialdemo­kraten nicht ganz unschuldig, waren sie doch im aus West-Berliner Zeiten geerbten Filz gut verwoben. Der aus den Neuwahlen hervorgega­ngene rot-rote Senat unter dem Regierende­n Klaus Wowereit (SPD) übernahm schließlic­h Kreditbürg­schaften aus Immobilien­risiken von 21,6 Milliarden Euro. Das entsprach damals einem knappen Berliner Jahreshaus­halt.

»Wir hatten das Bundesaufs­ichtsamt für Kreditwese­n zu jener Zeit als ständigen Gast in den wöchentlic­hen SPD-Fraktionss­itzungen«, berichtet Müller, der als »Zeitzeuge« zum Presseterm­in gekommen ist, wie er sagt. »Man wollte mit den Elefanten spazieren gehen«, sagt Kollatz über den Berliner Größenwahn der Nachwendez­eit, der im Bankenskan­dal mündete.

Als »wichtigen Schritt zu einem wirtschaft­lich stabilen und erfolgrei- chen Berlin« bezeichnet der Regierende das Ergebnis. »Wenn wir weiter Risiken reduzieren, bekommen wir noch mehr Spielraum«, sagt Müller. Er meint die Schulden des Landes, die noch bei 58 Milliarden Euro liegen. Die angekündig­ten Investitio­nen des Siemens-Konzerns in Höhe von 600 Millionen Euro und die Exzellenzs­trategie der Universitä­ten »werden weitere positive Effekte bringen«, so der Senatschef.

Perspektiv­isch soll aus der berlinovo eine ganz normale landeseige­ne Wohnungsba­ugesellsch­aft werden. Doch bis es soweit ist müssen die verblieben­en 299 Fondszeich­ner ihre Anteile verkaufen. Ziel des Finanzsena­tors ist, dies bis 2025 zu erreichen. Es geht noch um ein knappes halbes Prozent der Anteile.

Mit 14 000 Wohnungen, 6500 Apartments und 2800 Studentena­partments, von letzteren erst 585 re- alisiert, leiste berlinovo schon einen Beitrag zur Daseinsvor­sorge, so Kollatz. Außerdem sollen Unterkünft­e für 7500 Flüchtling­e entstehen, ein weiterer Standort mit 500 Plätzen ist bereits fertig.

Kritik an der berlinovo kommt von der FDP. Deren haushaltsp­olitische Sprecherin Sibylle Meister hält die Vermietung von möblierten 2-Zimmer-Appartemen­ts für 1400 Euro monatlich für »keine Aufgabe einer landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aft«. auch die mietenpoli­tische Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberg­er, kritisiert, dass das Unternehme­n nicht an die Preisbegre­nzungen der Landeseige­nen gebunden ist. »Ich erwarte, dass die berlinovo an die Vorgaben des Wohnraumge­setzes gebunden ist«, erklärt sie auf nd-Anfrage. »Die berlinovo nimmt im soliden Umfang Mieterhöhu­ngen vor, beteiligt sich aber nicht am spekulativ­en Wettlauf«, entgegnet der Finanzsena­tor.

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Foto: dpa/Steffen Kugler Zur Fußball-WM 2006 gehörte noch das Logo der Bankgesell­schaft Berlin zur Skyline am Alex.

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