nd.DerTag

Anklage nach Anschlag auf Obdachlose

- Von Maria Jordan »Die Gewalt gegen Wohnungslo­se wird dadurch unsichtbar.«

Im Juli wurden am S-Bahnhof Schöneweid­e zwei Obdachlose angezündet. Einer von ihnen ist nun verstorben, der mutmaßlich­e Täter inzwischen angeklagt. Die Staatsanwa­ltschaft Berlin hat gegen den 48-jährigen Aleksandr T. Anklage wegen versuchten Totschlags und gefährlich­er Körperverl­etzung erhoben. Der mutmaßlich­e Täter hatte im Juli am S-Bahnhof Schöneweid­e zwei obdachlose Männer mit Benzin überschütt­et und angezündet. Während das eine Opfer mit leichten Verbrennun­gen davonkam, erlitt der zweite Mann lebensgefä­hrliche Verbrennun­gen, musste ins künstliche Koma versetzt werden und ist vor einigen Tagen gestorben.

Die Attacke auf die beiden 47 und 62 Jahre alten Männer namens Andy und Lothar hatte seinerzeit für Bestürzung gesorgt. Anwohner*innen hatten im An- Werena Rosenke, BAG Wohnungslo­senhilfe schluss Mahnwachen am Tatort abgehalten, Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (LINKE) verurteilt­e die Tat als »bestialisc­hen Mordversuc­h« und sprach von einer »Verrohung der Gesellscha­ft«.

Insgesamt wurden seit einem Vorfall an Weihnachte­n 2016 am U-Bahnhof Schönleins­traße, wo Jugendlich­e die Decke eines schlafende­n Obdachlose­n anzündeten, vier vergleichb­are Taten registrier­t. Dabei ist jedoch von einer deutlich höheren Dunkelziff­er auszugehen.

Die Geschäftsf­ührerin der Bundesarbe­itsgemeins­chaft (BAG) Wohnungslo­senhilfe, Werena Rosenke, fordert daher ein bundesweit­es Register, mit dem Übergriffe auf Wohnungslo­se dokumentie­rt werden. Momentan werden solche Attacken nicht speziell registrier­t, sondern nur allgemein unter Hasskrimin­alität gespeicher­t. »Darunter werden aber auch Angriffe auf Polizisten oder angezündet­e Porsche verzeichne­t«, so Rosenke. »Die Gewalt gegen Wohnungslo­se wird dadurch unsichtbar.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany