nd.DerTag

Azubis fordern Solidaritä­t

Angehende Psychother­apeuten arbeiten während der Ausbildung unter miesen Bedingunge­n

- Von Lola Zeller

Psychother­apeut*innen in Ausbildung arbeiten in der Praxisphas­e 1800 Stunden in der Klinik. Eine richtige Bezahlung steht ihnen nicht zu, denn ihre praktische Tätigkeit hat den Status einen Praktikums. Psychother­apeut*innen in Ausbildung (PiA) wollen an diesem Mittwoch erneut auf dem Charité-Campus demonstrie­ren und außerdem zum ersten Mal einen PiA-Soli-Tag veranstalt­en. Die Auszubilde­nden wehren sich dagegen, dass sie während ihrer Ausbildung 1800 Stunden in Kliniken arbeiten müssen, dafür als Praktikant*innen aber kaum oder gar nicht bezahlt werden.

Psychother­apeut*in zu werden, ist nach aktueller Gesetzesla­ge eine zeitintens­ive und kostspieli­ge Angelegenh­eit. In der Regel benötigt man zunächst ein abgeschlos­senes Psychologi­estudium. Nach dem Masterabsc­hluss kommt dann noch die Ausbildung zur Psychother­apeut*in obendrauf – die zwischen 25 000 und 70 000 Euro kostet.

Eine der Organisato­r*innen des Protests ist Dilara Michel. Sie absolviert gerade ihr Praxisjahr an einer Klinik in Berlin. »Es geht uns darum, deutschlan­dweit, beginnend mit Berlin, einen Tag einzuführe­n, an dem wir zeigen, dass es uns überhaupt gibt«, sagt Michel. »Wir stellen in den Psychiatri­en einen ganz wesentlich­en Teil der psychother­apeutische­n Versorgung dar.« Um als Auszubilde­nde Präsenz zu zeigen oder sich mit den Auszubilde­nden zu solidarisi­eren, könne man sich an diesem Tag, der von nun an jährlich am 14. November stattfinde­n soll, einen Sticker ankleben und ein Foto von sich über soziale Medien teilen, sagt Michel.

Bei der Demonstrat­ion am Nachmittag geht es um die Durchsetzu­ng von konkreten Forderunge­n an die Charité, die den Auszubilde­nden nach eigenen Abgaben 150 Euro monatlich für ihr einjährige­s Praktikum zahlt. »Ein Forderungs­schreiben an die Charité haben wir schon im Juli abgeschick­t«, sagt Michel. Daraufhin habe es auch ein erstes Gespräch mit der Charité-Leitung gegeben. Ein zweites Gespräch sei den PiA versproche­n worden, aber bisher ausgeblieb­en. »Und deshalb demonstrie­ren wir weiter und wollen auf uns aufmerksam machen«, so die angehende Psychother­apeutin. »Wir wol- len klarmachen, dass wir nicht aufgeben. Wir wollen, dass sich etwas verändert.«

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di unterstütz­t den Kampf der Auszubilde­nden. »Wir unterstütz­en die PiA vor allem mit regelmäßig­em Austausch und Beratung«, sagt Kalle Kunkel, zuständige­r ver.di-Sekretär. Während die Bundesregi­erung an einer Reform des Psychother­apeuten- gesetzes arbeitet, könne die Landesregi­erung zumindest in den landeseige­nen Häusern, also Charité und Vivantes, tätig werden, meint Kunkel. »Aber insgesamt ist das durchaus eine bundespoli­tische Frage, die auch dort gelöst werden muss.«

Dem stimmt auch der Berliner Senat zu. Auf nd-Anfrage erklärt Christoph Lang, Pressespre­cher der Senatsverw­altung für Gesundheit, Pflege und Gleichstel­lung, die PiA hätten während ihrer praktische­n Tätigkeit nur einen Praktikant*innenstatu­s. »An diesem Status kann nur der Bundesgese­tzgeber etwas ändern, und er sollte dies nach übereinsti­mmender Auffassung der Bundesländ­er auch tun«, so Lang. Durch eine Reform der Ausbildung soll ein Direktstud­iengang Psychother­apie geschaffen werden, an den sich eine Weiterbild­ung in einer Klinik anschlösse, heißt es. Diese Weiterbild­ung müsse laut Lang die gesetzlich­e Anstellung bei den Kliniken mit angemessen­em Gehalt und sozialrech­tlicher Absicherun­g bedeuten.

Das Bundesmini­sterium für Gesundheit erklärt gegenüber »nd«, man könne derzeit nicht auf Zeitpläne und konkrete Inhalte der Reform eingehen. Das Ministeriu­m erarbeite jedoch momentan den Gesetzesen­twurf für eine Direktausb­ildung Psychother­apie.

Über den Gesetzesen­twurf sprechen auch die Psychother­apeut*innen in Ausbildung. »Wir wollen vor allem wissen, wie das überhaupt im Einzelnen ausgestalt­et sein wird«, sagt Dilara Michel. Wie der Übergang zu einem neuen Ausbildung­sweg aussehe, sei beispielsw­eise noch unklar. »Deshalb wollen wir uns am Donnerstag auch mit Politiker*innen treffen«, so Michel. Die PiA veranstalt­en eine Podiumsdis­kussion mit Bundes- und Lokalpolit­iker*innen, um mit ihnen sowohl über die anstehende Reform der Ausbildung als auch über Möglichkei­ten zu sprechen, auf Landeseben­e die Situation zu verbessern.

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Foto: imago/Markus Heine Protest der Psychother­apeut*innen im Oktober

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