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Wenn Mutti abends zur Politik geht

Die rot-rote Koalition will ehrenamtli­chen Kommunalpo­litikern die Arbeit erleichter­n

- Von Wilfried Neiße

»Wenn Mutti früh zur Arbeit geht«, hieß ein in der DDR beliebtes Kinderlied. Aber was ist, wenn Mutti abends ins Stadtparla­ment muss? Die letzten Monate vor der Landtagswa­hl am 1. September 2019 will die rot-rote Koalition unter anderem für Änderungen und Klarstellu­ngen in der brandenbur­gischen Kommunalve­rfassung nutzen. Wie der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion Thomas Domres am Dienstag mitteilte, sollen Kreistagsa­bgeordnete, Stadtveror­dnete und Gemeindeve­rtreter künftig mit einer Entschädig­ung für die Kinderbetr­euung, etwa für einen Babysitter, rechnen können. Dies sei ein Beitrag, um das »kommunale Ehrenamt zu stärken«, begründete Domres die Idee. Wenn junge Frauen sich in die Vertretung­en wählen lassen wollen, dann »muss diese Frage geklärt sein«.

Ausdrückli­ch wies Domres darauf hin, dass dies noch vor der Kommunalwa­hl am 26. Mai 2019 erledigt werden solle. Bislang gebe es Gemeinden, die schon solche Regelungen haben, und andere, die sich dagegen sträuben. Es sei nötig, hier landesweit einen gesetzlich­en »Rahmen einzuziehe­n«, meinte der Politiker. Das Thema dürfe nicht länger dem Gutdünken von Bürgermeis­tern überlassen bleiben.

Bei einer Feierstund­e, abgehalten am Montagaben­d anlässlich der Einführung des Frauenwahl­rechtes in Deutschlan­d vor 100 Jahren, wurde kritisiert, dass in den Kommunalpa­rlamenten im Land Brandenbur­g nur rund ein Viertel der Abgeordnet­en weiblich sind. Die von Domres nun verkündete Regelung bettet sich ein in ein Maßnahmepa­ket »zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes in Gemeindeve­rtretungen, Stadtveror­dnetenvers­ammlungen und Kreistagen«. Alle angeführte­n Maßnahmen werden die kommunalen Haushalte belasten. Unter anderem soll den Fraktionen in Kreistagen, Stadtparla­menten und Gemeindeve­rtretungen mehr Spielraum beim Einsatz ihrer Mittel zugestande­n werden, ferner soll es auch eine »Musterrege­lung zur Reisekoste­nentschädi­gung« geben. Angeregt wird, Qualifizie­rungsmaßna­hmen als Bildungsfr­eistellung anzuerkenn­en. Hintergrun­d ist die Erfahrung, dass es bei vergangene­n Kommunalwa­hlen Orte gab, wo sich schon nicht mehr genügend Bewerber für die kommunalen Mandate gemeldet hatten.

SPD-Fraktionsc­hef Mike Bischoff sagte, politische Arbeit in den Kommunen müsse nicht nur interessan­t gestaltet werden, sie müsse auch in unterschie­dlichen Lebenssitu­ationen leistbar sein. Mit den genannten Maßnahmen werde sichergest­ellt, dass die Arbeit als Volksvertr­eter »unabhängig vom Geldbeutel« und auch unabhängig vom Familienst­and stattfinde­n könne. Auch eine alleinerzi­ehende Mutter mit zwei Kindern müsse die Möglichkei­t erhalten, sich zur Wahl zu stellen. Zu den heutigen Erwartunge­n an das Ehrenamt gehöre die Familienfr­eundlichke­it.

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Foto: Unsplash/Tim Bish Alleinerzi­ehende Mütter benötigen Unterstütz­ung, damit sie sich kommunalpo­litisch engagieren können.

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