Bewohner dürfen das Pflegeheim von einem auf den anderen Tag wechseln
Urteile im Überblick
Der Bundesgerichtshof stärkte die Rechte von Menschen in Alten- und Pflegeheimen. Sie können von einem Tag auf den anderen die Einrichtung wechseln, ohne zusätzliche Kosten befürchten zu müssen.
Ihr altes Heim darf ihnen den Pflegeplatz nicht mehr berechnen, auch wenn sie vor Ablauf einer vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist ausziehen. Das entschied der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 292/17) am 4. Oktober 2018.
Geklagt hatte ein Mann aus Baden-Württemberg, der an Multipler Sklerose erkrankt ist. Er wollte in ein anderes Haus umziehen, das auf seine Krankheit spezialisiert ist. Weil sein Heim eine einmonatige Kündigungsfrist vorsah, reichte er Ende Januar 2015 die Kündigung für Ende Februar ein. Dann aber wurde in der neuen Einrichtung ein Platz schon früher frei, so dass der Mann bereits am 14. Februar auszog.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber schon an den bisherigen Heimbetreiber – nach Abzug der Pflegekassenleistungen für die erste Februarhälfte – die volle Heimvergütung für den Monat Februar 2015 gezahlt. Er meinte, dass nach dem Gesetz ein Heimbetreiber nur die taggenaue Vergütung für den tatsächlichen Heimaufenthalt verlangen könne und verlangte daher 1493 Euro zurück.
Der BGH urteilte, dass Heimbetreiber nach dem Gesetz nur Anspruch auf eine taggenaue Heimvergütung haben, bis der Bewohner aus dem Heim endgültig entlassen wird oder verstirbt. Die entsprechende gesetzliche Sonderregelung im Sozialgesetzbuch gelte für alle Bewohner, die Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung erhalten. Sieht ein Heimvertrag eine anderslautende Vergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist vor, sei diese nichtig.
Heimbetreiber würden damit auch nicht benachteiligt. Denn die durch etwaige Leerstände nach dem Auszug oder Tod des Heimbewohners verursachten Kosten seien »im Rahmen der Auslastungskalkulation sowie durch gesonderte Wagnis- und Risikozuschläge in die Pflegesätze eingerechnet und anschließend anteilig auf die Heimbewohner umgelegt«, betonte der BGH. Der Gesetzgeber habe Patienten und Pflegekassen vor doppelter Inanspruchnahme schützen wollen. Die Revision des Heimbetrei- bers hatte letztlich nur in Bezug auf zwei Rechenfehler bei der Heimvergütung Erfolg. dpa/nd die Ärzte aufgrund des Behandlungsfehlers grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet sind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagten können die Zulassung der Revision zum BGH beantragen.
Geklagt hatten die Eltern einer Tochter, die aufgrund einer Trisomie 18 mit schweren körperlichen Fehlbildungen zur Welt kam und im Alter von drei Jahren an ihrer Grunderkrankung starb. Als das Kind zwei Jahre alt war, entschlossen sie sich, ihre Eigentumswohnung zu verkaufen und ein Haus mit einem im Erdgeschoss gelegenen behindertengerechten Zimmer mit Bad zu bauen. Das neue Haus wurde bis zum Verkauf der Wohnung über ein Darlehen finanziert. Mit ihrer Klage forderten die Eltern die Übernahme der ihnen entstandenen Zwischenfinanzierungskosten in mittlerer fünfstelliger Höhe.
Es sei überzeugend dargelegt, dass sich die Kläger »aufgrund der schwersten Behinderung ihrer Tochter (...) und nicht wegen einer weitere Kinder umfassenden Familienplanung entschlossen haben, die Eigentumswohnung aufzugeben und ein Einfamilienhaus zu bauen«, urteilte das OLG. Das Kind habe unter schwersten geistigen und psychomotorischen Entwicklungsrückständen gelitten und nur mittels eines speziellen Kinderwagens transportiert werden können.
In der alten Wohnung seien mehrfach Treppen zu überwinden gewesen. Den Klägern habe auch kein Parkplatz in unmittelbarer Wohnungsnähe zur Verfügung gestanden. Bereits die zu überbrückenden Stockwerke und das Gewicht des Kinderwagens sprächen für den Bau eines behindertengerechten Hauses. Das sei auch im Hinblick auf die nächtlichen Unruhezustände des kranken Kindes erforderlich gewesen, die mit einer erheblichen Geräuschentwicklung einhergegangen seien, was die Nachbarn auf den Plan gerufen habe. epd/nd