Immer mehr Fahrschüler schummeln bei der Theorieprüfung
Führerscheinprüfung
Bei Theorieprüfungen für den Führerschein versuchen immer mehr Fahrschüler zu tricksen, sagen Fachleute. Die Prüflinge nutzten ausgeklügelte Technik. Was haben die Schummler zu befürchten?
Der Weg zur Fahrerlaubnis ist mühsam. Mehr als 1000 verschiedene Theoriefragen gibt es. Davon kommen etwa 30 bei der Theorieprüfung dran. Dafür gibt es eine Stunde Zeit. Manche Fahrschüler lassen sich allerdings die richtigen Antworten heimlich ins Ohr übertragen.
Experten beklagen zunehmende Hightech-Schummeleien bei theoretischen Führer- scheinprüfungen. Hochgerechnet auf Deutschland würden pro Jahr etwa 1600 solche Fälle aufgedeckt, sagte der Rechtsanwalt Arne Böhne vom TÜV Rheinland. »Vor 20 Jahren, als wir noch nicht diese ausgefeilte Technik hatten, gab es vielleicht nur ein Zehntel so viele Fälle.« Die Zahl der nicht ertappten Prüflinge dürfte demnach pro Jahr in die Tausende gehen.
Bei solchen Täuschungsversuchen trägt der Prüfling eine Minikamera etwa im Knopfloch, die die Fragen an einen Hintermann draußen in einem Auto übertragt. Der flüstert dem Prüfling die Antworten über einen Ministöpsel ins Ohr.
Der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Rheinland in Koblenz, Joachim Einig, geht von 500 bis 5000 Euro aus, die Prüflinge für das Equipment und die Vorgabe der korrekten Antworten zahlen.
Die Polizei im Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen berichtete schon 2016 von einer jungen Frau, die mit dieser Methode aufflog, ohne dass ihre Spezialtechnik von außen sichtbar gewesen sei: »Der Ohrstöpsel steckte so tief im Ohr, dass dieser nur mittels der Hilfe eines HNO-Arztes entfernt werden konnte.«
Immer wieder melden Polizeistellen in Deutschland aufgedeckte Manipulationen die- ser Art, beispielsweise kürzlich in Hachenburg im Westerwald. Nachdem er aufflog, konnte der 21-Jährige keine Frage mehr richtig beantworten.
Viel zu befürchten haben die Schummler nicht: Ihr Vorgehen ist weder Straftat noch Ordnungswidrigkeit. »Diese Leute können maximal sechs Monate gesperrt werden vor der nächsten Prüfung«, sagte Böhne. Auch nicht strafbar machen sich Online-Shops, die die Übertragungstechnik anbieten.
Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände fordert daher, dies als Straftatbestand festzulegen. Solche Überlegungen hat das Bundesjustizministerium aber nach eigenen An- gaben nicht. »Inwieweit Täuschungen bei Prüfungen unter den jeweiligen konkreten Einzelfallumständen strafbar sind, hätten Staatsanwaltschaften und Gerichte zu beurteilen«, so das Bundesjustizministerium.
Vielfach sammeln Prüfer heute die Handys aller Prüflinge ein und stellen sich einen Detektor auf den Tisch. »Der Detektor kann nicht alle Funkfrequenzen abdecken«, so Böhne. Bei Störsendern spiele die Bundesnetzagentur nicht mit. Prüfer dürften Prüflinge auch nicht auf heimliche Technik am Körper untersuchen. »Dafür können wir höchstens die Polizei rufen«, erklärt Böhne weiter. Manchmal spaziere ein ertappter Fahranfänger mit Übertragungstechnik auch einfach aus der Prüfung. dpa/nd