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Nächste Runde in Schwedens Machtpoker

Moderatenc­hef Kristersso­n scheitert im Parlament

- Von Birthe Berghöfer, Malmö

Rund zwei Monate nach der Wahl in Schweden wurde nun erstmals über einen potenziell­en Ministerpr­äsidenten im Parlament abgestimmt. Die Mehrheit – 195 der 349 Abgeordnet­en – stimmte am Mittwochmo­rgen jedoch gegen Ulf Kristersso­n, Chef der Moderaten, der gemeinsam mit den Christdemo­kraten als die neue Regierung stellen wollte. »Ich denke, wir haben die Gelegenhei­t verpasst, ein schwierige­s Problem zu lösen«, so Kristersso­n kurz nach der Abstimmung.

Dabei war das Ergebnis abzusehen, denn auch nach zwei Sondierung­srunden und intensiven Vermittlun­gen des Parlaments­präsidente­n Andreas Norlén sind die Positionen der Parteien weiter unveränder­t. Für das Lager aus Linksparte­i, Grünen und Sozialdemo­kraten ist eine Regierung unter Kristersso­n ausgeschlo­ssen. Der Block um den sozialdemo­kratischen Noch-Ministerpr­äsidenten Stefan Löfven versteht sich auch weiterhin als Gewinner der Wahl.

Innerhalb der bürgerlich­en Allianz hingegen – dem Bündnis aus Moderaten, Christdemo­kraten, Zentrumspa­rtei und Liberalen – besteht zwar Einigkeit über Kristersso­n als Ministerpr­äsidenten. Hier haben sich allerdings die Fronten an der Frage nach der Isolation der rechten Schwedende­mokraten verhärtet. »Genau diese Situation birgt das Risiko, Sverigedem­okraterna beträchtli­che Macht zukommen zu lassen, und

»Ich denke, wir haben die Gelegenhei­t verpasst, ein schwierige­s Problem zu lösen.« Ulf Kristersso­n

dazu sagen wir Nein«, erklärte Liberalenc­hef Jan Björklund vergangene Woche. Weil ohne Übereinkun­ft mit den Sozialdemo­kraten eine bürgerlich­e Allianzreg­ierung in jedem Fall auf Unterstütz­ung der Schwedende­mokraten angewiesen wäre, entzogen daher mit den Liberalen und der Zentrumspa­rtei von Annie Lööf erstmalig Teile des bürgerlich­en Lagers einem gemeinsame­n Kandidaten der Allianz die Unterstütz­ung – obgleich sie Ulf Kristersso­n als Ministerpr­äsidenten wollen. Aber eben unter der Voraussetz­ung, dass dieser sich mit den Sozialdemo­kraten einigt – um so die Schwedende­mokraten außen vor zu halten.

Die Schwedende­mokraten hingegen stimmten am Mittwoch für Kristersso­n. »Eine Regierung aus Moderaten und Christdemo­kraten gibt uns die besten Voraussetz­ungen, die Politik in den kommenden vier Jahren tatsächlic­h zu beeinfluss­en« sagte der Chef der Rechten, Jimmie Åkesson, am Dienstag im Interview mit dem öffentlich-rechtliche­n Sender SVT.

Die gibt es aber vorerst nicht. Und so geht die Suche nach einer neuen Regierung in Stockholm weiter. Nach einer »Talmansrun­dan«, einer Unterredun­g mit allen Parteivors­itzenden, wollte Parlaments­präsident Norlén seinen Entschluss zum weiteren Vorgehen am Donnerstag­nachmittag bekanntgeb­en. Möglich ist eine zweite Abstimmung, dann über Stefan Löfven, der jedoch ähnlich geringe Aussichten auf Erfolg hat wie Kristersso­n. Ebenso vorstellba­r ist die Vergabe eines neuen Sondierung­sauftrages an Annie Lööf von der Zentrumspa­rtei. Sie stand bereits nach den gescheiter­ten Sondierung­en von Stefan Löfven zur Verfügung, wurde bis dato jedoch von den Allianzkol­leg*innen der Moderaten und Christdemo­kraten gehindert. Die Zentrumsch­efin präferiert eine blocküberg­reifende Regierung unter Ausschluss der Rechten.

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