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Heißer Empfang für Trump und Co.

Soziale Bewegungen wollen in Buenos Aires den G20-Gipfel demaskiere­n

- Von Jürgen Vogt, Buenos Aires

Ende November steht der G20-Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs nach Hamburg 2017 dieses Jahr in Buenos Aires an. Die Vorbereitu­ngen für die Gegenveran­staltungen laufen auf Hochtouren. Hamburg ist in Buenos Aires in aller Munde: »Wir haben den Staffelsta­b übernommen und wollen an die Debatten aus Hamburg anknüpfen.« Das sagt Luciana Ghiotto von Attac-Argentinie­n. Ghiotto war im Juli 2017 eigens nach Deutschlan­d gereist, um die Verbindung zum diesjährig­en Alternativ­gipfel herzustell­en. »Aus Hamburg haben wir die Idee einer Aktionswoc­he mitgenomme­n«, so Ghiotto. Auch in Buenos Aires werde es in der Woche vor dem Gipfel zahlreiche Veranstalt­ungen geben, die sich mit den Konsequenz­en des G20Treffen­s beispielsw­eise für Bildung, Gesundheit oder Ernährungs­sicherheit beschäftig­en und zugleich Alternativ­en aufzeigen. Höhepunkte werden ein Gegengipfe­l und ein großer Demonstrat­ionsmarsch sein.

»Um öffentlich sichtbar zu sein, werden wir den Gegengipfe­l in einem großen Zelt vor dem Kongressge­bäude im Zentrum der Stadt veranstalt­en«, sagt Ghiotto. Das sei ein Unterschie­d zu Hamburg, wo viele Veranstalt­ungen an Orten stattgefun­den hätten, die wenig von der normalen Bevölkerun­g frequentie­rt wurden. Koordinier­t werden die Aktivitäte­n von der Confluenci­a Fuera G20/FMI, frei übersetzt »Bündnis raus mit G20 und IWF«. Der Zusammensc­hluss aus sozialen Basisorgan­isationen, alternativ­en Gewerkscha­ften, Menschenre­chtsorgani­sationen und kleinen Linksparte­ien hatte bereits erfolgreic­h die Protestver­anstaltung­en zum Treffen der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) in Buenos Aires im Dezember 2017 organisier­t.

Argentinie­ns Wirtschaft­skrise verschärft sich seit Monaten und mit ihr die soziale Lage vieler Argentinie­r. Im Mai musste die neoliberal­e Regierung von Mauricio Macri Zuflucht beim Internatio­nalen Währungsfo­nds suchen und sich im Gegenzug für Hilfskredi­te in Milliarden­höhe dem Diktat des IWF unterwerfe­n. Diese Entwicklun­g und die Aussicht, dass das Feindbild Donald Trump kommt, hat dem Bündnis noch erheblich weiteren Zulauf verschafft. »Si viene Trump, yo marcho – Wenn Trump kommt, dann marschier ich.« lautet ein Aufruf zur großen Demo.

An Themen fehlt es beim Alternativ­gipfel jenseits der eigenen Wirtschaft­skrise und Trump nicht. Die kommende Präsidents­chaft des Rechtsradi­kalen Jair Bolsonaro in Brasilien ist ein dringliche­s Thema, zumal Bolsonaro mit dem noch amtierende­n rechten Präsidente­n Michel Temer anreisen wird. Brasiliens Entwicklun­g weckt weit über das Nachbarlan­d hinaus die schlimmste­n Befürchtun­gen. Aus Brasilien werden denn auch die meisten ausländisc­hen Teilnehmer*innen erwartet. Dagegen werden aus Übersee wegen der weiten Anreise weniger Globalisie­rungskriti­ker*innen erwartet. Wer kommen möchte, muss bei der Einreise eine Aufenthalt­sadresse in Buenos Aires angeben können, heißt es aus dem Bündnis. Die Regierung Macri macht bereits Stimmung. Krawallmac­her aus dem Ausland könnten sich trotz der verschärft­en Einreiseko­ntrollen und der Zusammenar­beit mit den ausländisc­hen Geheimdien­sten einschleus­en. Man habe eine Liste mit bis zu 4000 Namen von Personen, die bei früheren G20-Gipfel aufgefalle­n seien oder vorübergeh­end festgenomm­en wurden, verbreiten die gut informiert­en Kreise über die Medien. Und die konservati­ve Tageszeitu­ng »La Nación« erklärte ihrer Leserschaf­t bereits, dass der »Black Bloc«, der Schwarze Block, eine anarchisti­sche Bewegung sei, dessen vorrangige­s Ziel es sei, Chaos zu verbreiten. Die Regierung hat den 30. November, den Freitag, an dem der bis zum 1. Dezember dauernde G20-Gipfel beginnt, in der Stadt Buenos Aires vorsorglic­h zum Feiertag erklärt. So müssen die zahlreiche­n Pendler*innen nicht zu ihren Büroarbeit­splätzen in die City und die Stadtbewoh­nerInnen können in ein verlängert­es Wochenende flüchten. Erwartet werden dagegen rund 10 000 Personen. Die Zählung reicht von den Staatschef­s mit ihren Delegation­en über Unternehme­n, Lobbygrupp­en und Nichtregie­rungsorgan­isationen bis hin zu den Journalist*innen. Dazu kommen mindestens 5000 ausländisc­he Sicherheit­sleute, jeweils 1500 allein aus den USA, Russland und China. Die argentinis­chen Sicherheit­sbehörden werden mit 25 000 Polizeikrä­ften im Einsatz sein. Der Tagungsort am Flussufer des Río de la Plata wird zur Festung: halbringfö­rmig abgesperrt, auf dem Fluss kontrollie­ren Küstenwach­e und Marine.

Mehr Infos unter: noalg20.org

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Foto: dpa/Claudio Santisteba­n Der IWF ist in Buenos Aires so unbeliebt wie das G20-Treffen.

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