Gruevski auf der Flucht
Mazedoniens Ex-Premier mit Haftbefehl gesucht
Mazedoniens abgetauchter Ex-Premier Nikola Gruevski hat nach eigenen Angaben Asyl in Ungarn beantragt. Wie der von Mazedoniens Polizeibehörden gesuchte 48-Jährige per Facebook mitteilte, halte er sich in Budapest auf: Er werde Mazedonien »immer treu« bleiben, doch habe er in seinem Heimatland zuletzt »zahlreiche Todesdrohungen« erhalten. Das Innenministerium in Skopje bestätigte am Dienstagabend nach Angaben des Nachrichtenportals »a1on.mk« die Flucht. Der zu Wochenbeginn erlassene internationale Haftbefehl gegen den langjährigen Regierungschef (2006-2016) des Balkanstaats hatte die Spekulationen genährt, dass der tief gefallene Spitzenmann der nationalpopulistischen VMRO-DMPNE ins Ausland geflüchtet sein könnte. Er hatte zum Ende seiner Ära nicht nur nach Ungarn und Russland, sondern auch nach Österreich enge Kontakte unterhalten.
Bereits im Vorjahr nahmen ihm die Behörden wegen Fluchtgefahr den Reisepass ab. Eigentlich sollte der wegen des illegalen Erwerbs einer Luxuslimousine auf Staatskosten rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilte Gruevski am Freitag seine Gefängnisstrafe antreten. Nach Ablehnung des von ihm beantragten Haftaufschubs war der Ex-Premier, gegen den noch drei weitere Prozesse laufen, dann spurlos verschwunden.
In seiner fast zehnjährigen Amtszeit hatte sich Gruevski in der Balkanregion als einer der korruptesten und skrupellosesten Politiker einen eher zweifelhaften Namen gemacht. Anfang 2015 brachten der Opposition zugespielte Mitschnitte abgehörter Telefonate von Regierungsmitgliedern den gewieften Strippenzieher ins Straucheln: Die Aufnahmen enthüllten erschütternde Abgründe des von seiner Regierung orchestrierten Machtmissbrauchs und Wahlmanipulationen. Nach monatelangen Protesten stimmte Gruevski schließlich der Bildung einer Übergangsregierung und vorgezogenen Neuwahlen zu – und trat Anfang 2016 von seinem Posten zurück.
Wegen seiner Verdienste bei der Schließung der Balkanroute konnte er sich jedoch zunächst weiter der Rückendeckung konservativer EUPolitiker vor allem in Österreich und Ungarn sicher sein. So sorgte Österreichs damaliger Außenminister und heutiger Premier Sebastian Kurz vor den von der VMRO 2016 verlorenen Wahlen mit einem umstrittenen Auftritt für Gruevski für Aufsehen.