nd.DerTag

Investitio­nen, Reallabore und Professure­n

Bis 2025 will die Bundesregi­erung die Entwicklun­g Künstliche­r Intelligen­z mit drei Milliarden Euro fördern

- Von Ulrike Henning

Am Mittwoch begann in Potsdam eine zweitägige Digitalkla­usur der Bundesregi­erung. Die zentrale Frage ist, wie Deutschlan­d bei der Künstliche­n Intelligen­z aufholen kann. In Sachen Digitalisi­erung will die Bundesregi­erung jetzt wieder einmal Nägel mit Köpfen machen und auch eine Strategie für Künstliche Intelligen­z (KI) beschließe­n, mit der eine internatio­nale Spitzenpos­ition in diesem Feld erreicht werden soll. Zur Beratung über diese Fragen sind Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister für zwei Tage beim Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineerin­g in Potsdam zu Gast. Zu der Kabinettsk­lausur sind auch externe Experten eingeladen. Auf dem Programm stehen neben der KI-Förderung die Themen digitale Verwaltung, Umgang mit persönlich­en Daten, Bedrohung von Bürgern, Staat und Unternehme­n im Cyberraum und Ausbau des schnellen Internets.

Auch die Bürger sollten im Alltag von der Digitalisi­erung profitiere­n, so lautet die Losung der Regierung. Von Seiten des Staates geht es dabei zunächst darum, endlich gängige Verwaltung­sleistunge­n wie Autoanmeld­ungen oder Anträge für Personalau­sweise rund um die Uhr online anzubieten. Bei der aktuellen Kabinettsk­lausur soll ein schnelles Digitalisi­erungsprog­ramm für die 115 Leistungen des Bundes verabschie­det werden. 460 weitere Verwaltung­saufgaben, bei denen direkte Anliegen von Bürgern bearbeitet werden, gibt es außerdem bei Ländern und Kommunen. Bis 2022 sollen auch die hierfür nötigen Formulare permanent im Internet zugänglich sein. Weiterhin versprach Kanzleramt­sminister Helge Braun am Rande der Klausur den Ausbau eines flächendec­kenden Glasfasern­etzes bis 2025 – dann solle es einen Rechtsansp­ruch auf schnelles Internet für alle Bürger geben. Bei diesen Themen geht es eher darum, dass lang angekündig­te Hausaufgab­en endlich gemacht werden.

Anders sieht es beim Thema Künstliche Intelligen­z aus. KI kann als Sammelbegr­iff für Computersy­steme verstanden werden, die in der Lage sind, Probleme eigenständ­ig zu erfassen und zu lösen. Darüber wird zwar in vielen Branchen wie dem Gesundheit­swesen und der Logistik zunehmend häufiger diskutiert, jedoch kommen entspreche­nde Lösungen noch zu selten von deutschen Unternehme­n. Das soll sich ändern.

Die Bundesregi­erung will die Entwicklun­g von Künstliche­r Intelligen­z in Deutschlan­d mit erhebliche­n zusätzlich­en Mitteln anschieben. Bis einschließ­lich 2025 sollen dafür insgesamt etwa drei Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Das geht aus dem 78 Seiten starken Maßnahmenp­lan hervor, den das Kabinett am Ende der Digitalkla­usur am Donnerstag beschließe­n will. Von den Investitio­nen im Rahmen ihrer KI-Strategie erhofft sich die Bundesregi­erung eine erhebliche Hebelwirku­ng. Diese werde mindestens zur Verdoppelu­ng der zentral bereit gestellten Mittel führen. Einen wesentlich­en Beitrag soll außerdem die geplante steuerlich­e Forschungs­förderung bringen.

Die Bundesregi­erung will zusätzlich­e Beratungsz­entren und Reallabore schaffen, in denen Unternehme­n neue Technologi­en ausprobier­en können. Zudem sollen die Haushaltsm­ittel für Existenzgr­ündungen aus der Wissenscha­ft im nächsten Jahr verdoppelt und Förderprog­ramme im Bereich Wagniskapi­tal ausgebaut werden. Bislang ist die Bundesrepu­blik bei den Start-ups in diesem Feld noch abgeschlag­en. Das »Handelsbla­tt« nannte für Deutschlan­d ganze 106 solcher aufstreben­der Unternehme­n, in den USA seien es aktuell 1393, in China 383. Die KI-Forschung in der Bundesrepu­blik wird zwar bereits als »exzellent« eingeschät­zt, soll aber durch 100 neue Professure­n weiter gefördert werden.

Die Entwicklun­g und Beherrschu­ng von KI werden als Schlüsself­rage für die langfristi­ge internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit angesehen. Bereits real ist ihr Einsatz in den Bereichen autonomes Fahren, medizinisc­he Diagnostik oder bei automatisi­erten Produktion­sprozessen. Die Erwartunge­n an die Effekte aus diesem Bereich sind hoch. Deutschlan­d könne mittels KI bis 2030 das jährliche Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­s um 1,3 Prozentpun­kte steigern, schätzt das Beratungsh­aus McKinsey. Insgesamt erwarten die Marktanaly­sten bis 2030 von Anwendunge­n auf KI-Basis einen zusätzlich­en globalen Wertschöpf­ungsbeitra­g in Höhe von 13 Billionen Dollar.

Eine der kritischen Nebenwirku­ngen der Entwicklun­g dürfte der Wan- del in der Arbeitswel­t sein. Laut Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) gingen bis 2025 etwa 1,6 Millionen herkömmlic­he Arbeitsplä­tze durch Automatisi­erung und den Einsatz von KI verloren, gleichzeit­ig entstünden etwa 2,3 Millionen neue Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d – jedoch mit anderen, höheren Anforderun­gen. Ein nach dem Kabinettsp­lan neu zu gründendes Deutsches KI-Observator­ium soll beobachten, wie sich die Technologi­e in der Arbeitswel­t auswirkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany