AfD mit einem Balken im Auge
Eklat im Landtag beim Gedenken an Pogromnacht vom 9. November 1938
AfD-Politiker provozieren mit »Vogelschiss« und »erinnerungspolitische Wende um 180 Grad«, sehen sich aber selbst als die Verfolgten. Das Gedenken an die Judenpogrome vor 80 Jahren mündete am Mittwoch im Potsdamer Landtag in einen heftigen Schlagabtausch. Nachdem AfDFraktionschef Andreas Kalbitz in seiner Rede davon sprach, dass »Kommunisten und Nationalsozialisten« die Demokratie in Deutschland vernichtet hätten, sagte Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) zu ihm: »Sie sehen den Splitter im Auge des Nachbarn und den Balken im eigenen nicht.«
Daraufhin trat der Abgeordnete Steffen Königer (AfD) ans Mikrofon und warf den anderen Parteien und der Zivilgesellschaft vor, die AfD auszugrenzen. Es gebe Gaststätten mit der Türaufschrift: »Kein Zutritt für AfD-ler.« Als weiteres Beispiel nann- te er eine Veranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen, zu der Vertreter seiner Partei nicht eingeladen worden seien. Der aggressivste Antisemitismus sei heute der aus arabischen Ländern »importierte Anti- semitismus«, der sich gegen Juden in Deutschland wende. »Dass Sie den mit keinem Wort erwähnen, spricht Bände«, schimpfte Königer.
Doch die Abgeordnete Klara Geywitz (SPD) bekannte sich zu einem Verzicht darauf, »gemeinsam mit der AfD der NS-Opfer zu gedenken«. Dieser Verzicht sei eine Reaktion auf die revanchistische Haltung innerhalb der AfD. Wenn AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland die zwölf Jahre Naziregime einen »Vogelschiss« in 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte nenne, dann handle es sich um eine »gezielte Provokation, um rechte Wähler zu binden und unsere Gedenkkultur zu diskreditieren«. Geywitz verwies auch auf den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke, der eine »erinnerungspolitische Wende um 180 Grad« verlangt hatte. Dies sei ein Anschlag auf die Erinnerungskultur, so Geywitz.
Das führte zu wütenden Reaktionen der AfD-Fraktion. Sie hätte sich beim Thema Judenverfolgung einen Konsens aller Fraktionen des Parlaments gewünscht, fuhr Geywitz unbeirrt fort, doch sei dieser Konsens nicht mit einer AfD herstellbar, wie diese Partei nun einmal gegenwärtig politisch auftrete.