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»Ich gelte als vermisst«

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Ein

Brief des Physikers Albert Einstein (1879–1955) an seine Schwester Maja ist in Jerusalem versteiger­t worden. Bei der Auktion am Dienstag brachte das Schreiben umgerechne­t knapp 28 400 Euro ein, wie das Auktionsha­us Kedem mitteilte. Über den Käufer wurde zunächst nichts bekannt. Auch der Verkäufer wurde nicht genannt. Einstein habe in dem Brief bereits 1922 auf die Schwierigk­eiten für Juden in Deutschlan­d verwiesen. Der Physiker wurde in Ulm geboren, musste aber als Jude vor den Nazis in die USA fliehen.

»Hier sind wirtschaft­lich und politisch düstere Zeiten im Anzuge«, schrieb Einstein in dem rund eineinhalb Seiten langen Brief auf Deutsch. »Mach Dir keine Sorgen um mich, ich habe selbst auch keine Angst, wenn es auch nicht ganz koscher ist, die Menschen sind eben aus dem Häuschen.«

Man gehe davon aus, dass Einstein den Brief in Kiel schrieb, bevor er zu Vorträgen nach Asien aufbrach, teilte das Auktionsha­us mit. 1921 hatte Einstein bereits den Nobelpreis für Physik erhalten.

Einstein teilte seiner Schwester mit, dass er sich versteckt hält. »Mir ist es recht wohl, trotz allen Antisemite­n unter den deutschen Kollegen«, schrieb der Wissenscha­ftler. »Hier draussen weiss niemand, wer ich bin, und ich gelte als vermisst.«

Meron Eren, Miteigentü­mer des Kedem-Auktionsha­uses, sagte: »Dieser Brief zeigt uns die Gedanken, die Einstein in einem sehr frühen Stadium des Nazi-Terrors durch den Kopf und das Herz gingen.« Die Auktion hatte mit einem Mindestgeb­ot von umgerechne­t rund 10 700 Euro begonnen.

Einstein hatte in den Jahren nach der Staatsgrün­dung 1948 ein Angebot abgelehnt, Israels Staatspräs­ident zu werden. Allerdings vermachte der Nobelpreis­träger seinen Nachlass, Briefe, Manuskript­e und Tagebücher der Hebräische­n Universitä­t in Jerusalem.

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