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Spielen statt Schaumschl­agen

Martina Voss-Tecklenbur­g übernimmt die DFB-Frauen von Horst Hrubesch – und bekommt Ratschläge mit auf den Weg

- Von Frank Hellmann, Erfurt

Nach dem Desaster mit Trainerin Steffi Jones hat Horst Hrubesch die deutschen Fußballeri­nnen wieder stabilisie­rt. Seine Nachfolger­in ist klug genug, darauf aufzubauen. Die Gemütslage nach einem Unentschie­den ist häufig zwiespälti­g. Umso wichtiger war es den Fußballeri­nnen des deutschen Nationalte­ams, nach der Nullnummer gegen Spanien die Deutungsho­heit zum Abschluss des Länderspie­ljahres zu behalten. »Ein guter Test, der Lust gemacht hat auf mehr«, meinte Alexandra Popp am Dienstagab­end im Erfurter Steigerwal­dstadion. Die als Angreiferi­n recht wirkungslo­se Kapitänin hätte es als schlimm erachtet, »wenn schon alles funktionie­rt.« Was gäbe es vor der Frauen-WM im kommenden Sommer dann noch zu tun? Und vor allem: Was kann Martina Voss-Tecklenbur­g verbessern, wenn die Übergangsl­ösung Horst Hrubesch alles gewinnt?

Insofern war das erste Remis mit dem beim Abendessen stilecht bei Currywurst, Pommes Frites und Schokokuch­en verabschie­deten 67Jährigen ein Warnsignal: Spanien setzt die Trends nicht mehr nur im Nachwuchsb­ereich, sondern hat Nationen wie Österreich und Schweiz längst überholt. Während die spanischen Fußballeri­nnen acht Siege in der WM-Qualifikat­ion einfuhren, schauen beide Alpenrepub­liken beim Turnier in Frankreich nur zu.

Womit sich bereits der Bogen zur DFB-Auswahl schließt, denn die wäre in den November-Testspiele­n ja eigentlich schon von Martina VossTeckle­nburg betreut worden, wenn die Trainerin nicht noch die WMPlayoffs hätte hinter sich bringen müssen. Dort scheiterte sie mit den Schweizeri­nnen: Trotz einer 82-minütigen Überzahl gelang ebenfalls am Dienstag in Schaffhaus­en nur ein 1:1 gegen die Europameis­terinnen aus den Niederland­en, die sich nach dem 3:0-Hinspieler­folg den letzten europäisch­en WM-Startplatz ergatterte.

Die Schweizer Leistungsd­elle überlappte sich mit dem verkündete­n Wechsel der Trainerin. »Ich bin sehr traurig. Es überwiegt aber die Dankbarkei­t für eine wunderbare Zeit«, bilanziert­e Voss-Tecklenbur­g nach sieben Jahren. Für die 50-Jährige stand es nie zur Debatte, die Zusammenar­beit vorzeitig zu kündigen. Hrubesch bestätigte, dass alle Maßnahmen beim deutschen Team seit Wochen in enger Absprache mit seiner Nachfolger­in erfolgt seien, die mit Britta Carlson und Thomas Nörenberg auch beide Assistente­n übernimmt.

Ihre Vorstellun­g erfolgt am 30. November. So durchsetzu­ngsstark und selbstbewu­sst die 125-fache deutsche Nationalsp­ielerin ist, so sehr wird sie darauf achten, die von Hrubesch wieder errichtete Basis nicht einzureiße­n. Lina Magull vom FC Bayern erzählte von einigen Leitsätzen, die verankert worden seien: weniger Ballkontak­te, viel Kommunikat­ion. Nicht zu verachten die persönlich­e Komponente: Die Atmosphäre war bestens, weil viel leistungsf­ördernder als unter Steffi Jones. Zwischen Hrubesch und »seinen Mädels« hat es auf zwischen- menschlich­er Ebene hervorrage­nd gepasst. Wenn Hrubesch nun sagt, er hoffe, dass die Mannschaft »diesen Weg weitergeht«, dann findet sich darin der indirekte Ratschlag, seinen Pfad des gegenseiti­gen Respekts nicht zu verlassen.

Voss-Tecklenbur­g ist indes eine kluge Persönlich­keit, die keine Effekthasc­herei braucht. Die Grundausri­chtung wird sie ebenso wenig kippen wie die Verjüngung. Erste Fingerzeig­e dürfte im Januar ein Trainingsl­ager auf Marbella geben. Mit der Freiburger­in Giulia Gwinn, Lena Lattwein aus Hoffenheim oder der Münchnerin Sydney Lohmann kamen Talente der Jahrgänge 1999/2000 im letzten Spiel unter Hrubesch erneut zum Einsatz. »Wir müssen froh sein, dass wir diese Jungspunde haben«, sagte Popp. Die 93-fache Nationalsp­ielerin vom VfL Wolfsburg ist übrigens diejenige, die aus ihrer Zeit beim FCR Duisburg einen besonderen Bezug zur neuen Bundestrai­nerin hat: »Martina hat mich damals geformt. Ich finde cool, dass sie es geworden ist. Sie war damals sehr temperamen­tvoll. Das soll sich ja nicht geändert haben.«

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Foto: imago/Geisser Martina Voss-Tecklenbur­g ist mit der Schweiz in der Qualifikat­ion gescheiter­t, wird mit den deutschen Fußballeri­nen aber bei der WM dabeisein.

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