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Volkes Widerstand gegen Olympia

Die Bürger von Calgary haben sich gegen die Winterspie­le 2026 ausgesproc­hen und bringen das IOC damit in große Not

- Von Stefan Tabeling, Calgary

Nach dem Aus von Calgary ist der Kandidaten­kreis für die Winterspie­le 2026 auf zwei Bewerber geschrumpf­t. Das IOC blickt nun mit Sorge nach Schweden und Italien. Olympia, nein danke! Auch die Bürger von Calgary haben keine Lust auf Winterspie­le 2026 und bringen das Internatio­nale Olympische Komitee in große Not. Denn damit bleiben nur noch Mailand und Stockholm als Kandidaten übrig. Und selbst diese beiden Bewerbunge­n stehen aufgrund finanziell­er oder politische­r Unsicherhe­iten auf wackligen Füßen.

Laut Angaben auf der Webseite vote2018.calgary.ca hatten am Dienstag nur 43,6 Prozent der Bürger Calgarys für eine Bewerbung gestimmt. Die Gegner waren mit 56,4 Prozent klar in der Mehrheit. Auch wenn das Ergebnis nicht bindend ist, dürfte Calgary damit aus dem Rennen sein. Das IOC nannte die Entscheidu­ng »enttäusche­nd«. Nach den politische­n Diskussion­en und den Unsicherhe­iten in den vergangene­n Tagen sei es aber »keine Überraschu­ng« mehr gewesen.

Wieder einmal haben sich Bürger in einer Volksbefra­gung gegen Olym- pische Spiele ausgesproc­hen. Insgesamt war es schon die neunte Bewerbung in Serie, die am Widerstand des Volkes scheiterte. Vor Calgary kam bereits für Sion und Tirol für 2026 das Aus, ebenso wie für 2024 Hamburg und Boston sowie 2022 für die möglichen Bewerber München, Kraków, Oslo und Graubünden.

Nun blickt das IOC mit Sorge nach Schweden und Italien. In Stockholm mangelt es an Unterstütz­ung aus der Politik. Die neue Stadtregie­rung hat durchblick­en lassen, keine Steuergeld­er für das Projekt ausgeben zu wollen. Und auch in Italien gibt es große Fragezeich­en. Die Regierung des hoch verschulde­ten Landes werde zwar die Bewerbung unterstütz­en, aber gebe »keinen Euro, weder für direkte noch indirekte Kosten«, hatte der stellvertr­etende Ministerpr­äsident Luigi Di Maio klargestel­lt. So könnte das IOC im schlimmste­n Fall ohne Bewerber dastehen. Vor einem derartigen Szenario hatte IOC-Ehrenmitgl­ied Gian Franco Kasper, zugleich Präsident des Skiweltver­bandes, jüngst bereits gewarnt: »Lasst uns hoffen, dass wir bei der Wahl in Lausanne noch Kandidaten haben.« Dort soll auf der IOC-Vollversam­mlung am 24. Juni 2019 über den Ausrichter entschiede­n werden.

Schon für die Winterspie­le 2022 war das Bewerberfe­ld auf die Kandidaten Peking und Almaty geschrumpf­t. Am Ende bekam die chinesisch­e Metropole den Zuschlag, womit nach Pyeongchan­g 2018 und Tokio 2020 drei olympische Großereign­isse nacheinand­er in Asien stattfinde­n. IOC-Chef Thomas Bach hatte sich ohnehin dafür ausgesproc­hen, 2026 an einen traditione­llen Winterspor­tort zurückzuke­hren. Seine Agenda 2020, die Kostensenk­ungen und Nachhaltig­keit für Olympiagas­tgeber vorsieht, scheint aber gerade in westlichen Ländern die Bürger nicht zu überzeugen. Zu groß scheint die Skepsis gegenüber großen Sportverbä­nden angesichts zahlreiche­r Korruption­sskandale. Auch die fragwürdig­e Haltung des IOC in der Antidoping-Politik wie etwa beim Skandal in Russland stößt auf große Kritik.

Auch wenn das IOC bei der Kostendeck­ung den Bewerbern schon entgegen gekommen ist, hätten die Winterspie­le Calgary mindestens 3,5 Milliarden Euro gekostet. Die Ausrichtun­g der Spiele sei »ein Weg, aber nicht der einzige Weg, um die Stärken und Chancen unserer Gemeinscha­ft auszubauen«, teilten die Olympiageg­ner von Calgary mit.

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Foto: imago/Sven Simon Einzigarti­g: Howdy, das Maskottche­n der Olympische­n Winterspie­le von 1988 in Calgary, wird keinen Nachfolger bekommen.

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