US-Gericht bremst Donald Trump aus
Asylrechtsverschärfung des US-Präsidenten auf Eis gelegt
San Francisco/Tijuana. Ein US-Gericht hat die von Präsident Donald Trump verfügte Verschärfung der Asylregeln an der Südgrenze zu Mexiko vorübergehend gestoppt. Damit können ab sofort auch solche Menschen wieder Asyl in den USA beantragen, die die Grenze illegal überschritten haben. Bundesrichter Jon Tigar erließ am Montagabend (Ortszeit) in San Francisco eine entsprechende einstweilige Verfügung, die mindestens bis zu einer Anhörung am 19. Dezember in Kraft bleiben wird. Er gab damit einer Klage mehrerer Bürgerrechtsorganisationen statt, die das Trump-Dekret vom 9. November für illegal einstuften.
Tausende Migranten aus Honduras, El Salvador und Guatemala sind in den vergangenen Tagen nach Tijuana an der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze gekommen. Für Dienstag wurde der zweite Teil der Gruppe mit etwa 3000 Menschen erwartet. Sie fliehen vor allem vor dem Elend und der Gewalt in ihren Heimatländern und wollen in den USA um Asyl bitten.
Während die Vorhut der Migrantenkarawane bereits an die US-mexikanische Grenze gelangt ist, hat ein Gericht die Pläne von US-Präsident Trump zur Verschärfung des Asylrechts vorläufig gestoppt. Per Proklamation hatte US-Präsident Donald Trump unter Berufung auf seine Vollmachten im Fall eines nationalen Notstands Anfang November eine Asylrechtsverschärfung verfügt. Die ist vorläufig ad acta gelegt. Der Bundesrichter Jon Tigar in San Francisco erließ am Montag eine einstweilige Verfügung gegen Trumps Erlass, demzufolge vorläufig nur noch legal eingereiste Menschen in den USA Asyl beantragen dürfen. Damit bleibt es weiter beim Anspruch auf Asyl auch bei unerlaubter Einreise.
Unterdessen bauten Soldaten der US-Army, die auf Anordnung des USPräsidenten in einer Mannstärke von 5600 an die Südgrenze zu Mexiko entsandt wurden, die bestehenden offiziellen Übergänge und Landstriche weiter mit schwerem Stacheldraht und Barrikaden aus. Zur Militarisierung trägt darüber hinaus die Ausrüstung der Zoll- und Grenzpolizei »Customs and Border Protection« (CBP) mit martialischem Gerät bei: ausladende Schutzschilder und Schienbeinschützer, lange Knüppel, Tränengas und Gummigeschosse.
Zahlreiche Privatunternehmen, die von der US-Regierung in Irak und Afghanistan lukrative Aufträge erhalten hatten, befinden sich im Wartestand. Laut einem Pentagonsprecher besteht die Aufgabe des Militärs neben dem Ausbau der Grenzanlagen in der Unterstützung der CPB mit Fluggerät, Aufklärung, medizinischer Versorgung und dem Bau von Unterkünften. Laut einem Bericht der linksliberalen Zeitschrift »The Nation« geht die US-Armee nach einer in Irak angewandten Abschreckungsdoktrin namens »terrain denial« (Geländeverweigerung) vor. Die Soldaten werden dabei den Kontakt mit Immigrationswilligen vermeiden, sagte der Pentagonsprecher. Denn polizeiliche Aktivitäten sind ihnen auf US-Territorium gesetzlich untersagt.
Dass es sich um mehr als ein Wahlkampfspektakel handelt, das Trump vor den Midterm-Wahlen inszenierte, machte er am Sonntag deutlich. Gleich zweimal hetzte er per Twitter gegen Asylsuchende und Einwanderer. »Catch and detain« (Fangen und festnehmen) laute unter seiner Regie das Motto. Die Demokraten müssten »sofort der Grenzsicherung und der Mauer zustimmen«. Kurz davor hatte Trump ebenfalls per Twitter dem Bürgermeister der mexikanischen Grenzstadt Tijuana sekundiert, in der am Wochenende mehrere Hundert Flüchtlinge angekommen waren. Auch die USA seien »auf diese Invasion« nicht vorbereitet, schrieb Trump, »sie schaffen Kriminalität und große Probleme in Mexiko. Geht nach Hause!«
Die Teilnehmer der »Karawanen«, die sich bis zu US-Grenzübergängen durchschlagen können, stoßen nicht auf bewaffnete Soldaten. Stattdessen bekommen sie Baukräne zu sehen, die weitere Metallbefestigungen anbringen, sowie Hubschrauber, die CBP-Polizisten transportieren. Dabei wird es Asylsuchenden so schwer wie möglich gemacht. Der Übergang San Ysidro nördlich von Tijuana wurde für 750 Millionen Dollar modernisiert, kann aber täglich nur 100 Asylanträge bearbeiten – falls die Menschen überhaupt so weit durchgelassen werden. Viele drehen deshalb frustriert wieder ab und versuchen, die offiziellen Grenzposten zu umgehen und an zugänglichen Stellen entlang der 3200 Kilometer langen Grenze auf US-Territorium zu gelangen.
Doch ihnen wurde auf Anweisung von Trump seit 9. November die Chance auf Asyl verweigert, nachdem sie von CBP-Beamten erwischt wurden. Erst die Entscheidung des Bundesrichters Jon Tigar hat den unbeschränkten Anspruch auf Asylantragstellung vorerst wieder hergestellt. Ob sich die Grenzpolizei, in deren Reihen sich viele Trump-Anhänger befinden, daran hält, ist seitdem unklar. Wie schon bei seinen umstrittenen Einreiseverboten gegen Bürger aus mehrheitlich muslimischen Staaten wird erwartet, dass die Trump-Regierung eine weitere Instanz anruft. Beim Einreiseverbot hat- te das Oberste Gericht schließlich eine abgeänderte Version bestätigt.
Trumps Tiraden ermuntern erneut auch Rechtsextreme. Laut einem Armee-Bericht, den »Newsweek« Ende Oktober veröffentlichte, gehen die Behörden von bis zu 200 Mitgliedern schwer bewaffneter Bürgerwehren aus, die sich auf dem Weg in die Grenzregion machen. In dem Bericht wurde vor »Zwischenfällen« gewarnt. Rechtsextreme könnten versuchen, Militärausrüstung zu stehlen. Anführer diverser Milizen kündigten dagegen den Aufmarsch von weit mehr ihrer Mitglieder an. Laut Recherchen des antifaschistischen »Southern Poverty Law Center« besteht ein Hauptproblem tatsächlich in einem bewaffneten Angriff eines »einsamen Wolfs«. In der Milizbewegung hätten sich Verschwörungstheorien in den vergangenen Jahren noch stärker ausgebreitet.