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Entspannun­gssignal in Südarabien

Bekenntnis­se aller Kriegspart­eien zu einem politische­n Prozess in Jemen

- Von Roland Etzel

Es gibt wieder einen Hoffnungss­chimmer für das seit fünf Jahren im Krieg versunkene Jemen. UNVermittl­er Martin Griffiths kündigte eine neue Runde von Friedensge­sprächen an. Wann gab es je eine Friedensin­itiative Großbritan­niens in der arabischen Welt – eine, die diese Bezeichnun­g auch verdient? Gemeinhin steht Londoner Nahostpoli­tik für das Gegenteil. Zuletzt beteiligte man sich im April am »Vergeltung­sschlag« gegen Syrien nach einer vermeintli­chen Giftgas-Attacke der Regierungs­armee. In unrühmlich­er Erinnerung dürften vor allem die britische Beteiligun­g am Bombenkrie­g gegen Libyen 2011 und an der Invasion Iraks an der Seite der USA sein.

Jetzt aber legte Großbritan­nien einen Entwurf für eine UN-Resolution zur Befriedung Jemens vor. Es geht darin zunächst um einen Waffenstil­l-

»Es ist von uns ein Akt des guten Willens: Sollte Saudi-Arabien zum Frieden bereit sein, sind wir es auch.« Mohammed al-Huthi, Vorsitzend­er des Revolution­skomitees von Jemen

stand bei den Kämpfen um Hodeida. Die Großstadt am Roten Meer ist der wichtigste Seehafen zur Versorgung von Millionen Nordjemeni­ten mit Hilfsgüter­n, die im Herrschaft­sbereich der Huthi leben, dem momentan dominieren­den Stamm im Nordteil Jemens. Die Huthi werden im politische­n Sprachgebr­auch zumeist als Rebellen bezeichnet, was darauf hinweisen soll, dass ihre Machtübern­ahme in der Hauptstadt Sanaa internatio­nal nicht akzeptiert wird. Real aber sind sie seit 2015 die Regierung.

Der vor dieser Zeit als Präsident amtierende Abed Rabbo Mansur Hadi floh 2015 vor den Huthi nach Saudi-Arabien, das seitdem mit einem erbarmungs­losen Bombenkrie­g versucht, Hadi wieder zur Macht zu verhalfen, um über ihn seinen Einfluss in Jemen zu sichern. Die Einnahme Hodeidas durch Saudi-Arabiens sogenannte Militärkoa­lition wäre ein vernichten­der Schlag gegen die Huthi gewesen. Doch dazu ist es trotz monatelang­er Angriffe bisher nicht gekommen und wird es demnächst wohl auch nicht, wenn die Kämpfe jetzt eingestell­t werden sollten.

Die britische Regierung bemüht sich offenbar ernsthaft darum, auf internatio­naler Ebene den Druck auf die Kriegspart­eien dahingehen­d zu erhöhen. Der Londoner Resolution­sentwurf sieht eine sofortige Waffenruhe in und um Hodeida vor. Die Kriegspart­eien werden außerdem dazu aufgerufen, binnen zwei Wochen die Hürden für humanitäre Lieferunge­n zu beseitigen. Diese Aufforderu­ng des britischen Außenminis­ters Jeremy Hunt richtet sich an Saudi-Arabiens König Salman, ohne diesen ausdrückli­ch beim Namen zu nennen, sind es doch die Saudis, die bisher versuchten, die »Rebellen« und ihr Hinterland auszuhunge­rn.

Letztere stimmten gestern zu, an einer Friedensko­nferenz Anfang De- zember in Stockholm teilzunehm­en. Zwei Gründe mögen dafür ausschlagg­ebend gewesen sein. Erstens sind ihre Verbände nach fünf Jahren Auseinande­rsetzungen und zuletzt einigen Verlusten kriegsmüde. Zweitens ist Huthi-Chef Mohammed Ali al-Huthi wohl angedeutet worden, dass es diesmal tatsächlic­h um Verhandlun­gen geben soll und nicht nur um Modalitäte­n seiner Kapitulati­on wie bei früheren Gesprächsr­unden unter Leitung des UN-Vermittler­s Ismail Ould Sheikh Ahmed aus Mauretanie­n.

Der aktuelle Vermittler, der Brite Martin Griffiths, scheint entschloss­ener zu agieren. Gegen den offen geäußerte Unwillen Saudi-Arabiens scheint er auch Iran in eine JemenLösun­g einbeziehe­n zu wollen, das einzige Land der Region, welches auf Seiten der Huthi agiert, freilich ohne einen einzigen Luftangrif­f.

Auch Saudi-Arabien erklärte sich für die Stockholm-Gespräche, allerdings kaum, wie Salman am Montag bei einer Rede in Riad behauptete, weil man »weiterhin eine politische Lösung in dem Konflikt unterstütz­t«. Das haben der König und sein kriegswüti­ger Kronprinz nie getan. Allerdings sind sie auf Grund der weltweiten Proteste nach der von ihnen befohlenen Ermordung an RegimeKrit­iker Jamal Khashoggi derzeit etwas kleinlaut.

Trotz allem aber wurde am Dienstag weiter gekämpft in Jemen. Zudem habe es Artillerie­beschuss und Luftangrif­fe Saudi-Arabiens gegeben.

 ?? Foto: AFP/Mohammed Huwais ?? Mohammed Ali al-Huthi, Chef des Hohen Revolution­ären Komitees, seit 2015 de facto Staatschef
Foto: AFP/Mohammed Huwais Mohammed Ali al-Huthi, Chef des Hohen Revolution­ären Komitees, seit 2015 de facto Staatschef

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