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Die Verwaltung wird aufgeräumt

Bis Mai 2019 wollen Senat und Bezirke sich auf einen Zukunftspa­kt einigen

- Von Nicolas Šustr

Vernünftig­e Personalfü­hrung, klarere Strukturen, eindeutige Zuständigk­eiten. Senat und Bezirke geben sich für die Ausarbeitu­ng einer verbindlic­hen Verwaltung­sreform noch ein halbes Jahr Zeit. Es wurde eng am Dienstag im Sitzungssa­al des Roten Rathauses. Der gesamte Senat und alle zwölf Bezirksbür­germeister kamen zusammen, um über die Zukunft der Verwaltung zu sprechen. Alle Beteiligte­n einigten sich auf ein gemeinsame­s, zwölfseiti­ges Diskussion­spapier. Bis Mai kommenden Jahres soll daraus ein verbindlic­her »Zukunftspa­kt Verwaltung« werden.

»Eine bessere Zusammenar­beit zwischen Senat und Bezirken in einer neuen Qualität« sei das Ziel, erklärt der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) in der anschließe­nden Pressekonf­erenz. »Das Problemlös­ungsbewuss­tsein ist soweit gediehen, dass wir aufhören uns vorzuwerfe­n, wer gerade Schuld ist«, beschreibt der Pankower Bezirksbür­germeister Sören Benn (LINKE) die neue Trautheit.

»Wir haben den Willen, dass nicht nur alles besser, sondern endlich mal gut wird«, so Benn. Das Leistungsv­ersprechen gegenüber den Bürgern müsse formuliert und umgesetzt werden.

Konkret wurden fünf Handlungsf­elder definiert. Zum Beispiel die Themen Personalen­twicklung und Personalge­winnung. »Wir haben 1650 Mitarbeite­rstellen in Reinickend­orf, von denen etwa 80 nicht besetzt sind«, erklärt der dortige Bezirksbür­germeister Frank Balzer (CDU). Im vergangene­n Jahr wurden im Bezirk insgesamt 328 Besetzungs­vorgänge für Stellen abgeschlos­sen. Das zeigt die enorme Fluktuatio­n, mit der die Verwaltung­en zu kämpfen haben. Das liegt zum einen am nach jahrelange­m Personalab­bau erfolgten Stellenzuw­achs, anderersei­ts an der hohen Anzahl an in den Ruhestand gehenden Beschäftig­ten. Weil über Jahre kaum jemand eingestell­t wurde, stellt das einen empfindlic­hen Aderlass dar.

»Wir brauchen unglaublic­h viel Personal«, sagt Balzer. Allerdings dauerten Einstellun­gsvorgänge derzeit vier, fünf oder sechs Monate. Das sei zu lang. Die Friedrichs­hain-Kreuzberge­r Bezirksbür­germeister­in Monika Herrmann (Grüne) nennt als Prob- lem auch die unterschie­dlichen Gehaltsstr­ukturen zwischen den Verwaltung­sebenen. In Senatsverw­altungen werden für eine vergleichb­are Tätigkeit wie in den Bezirken oft einige hundert Euro mehr monatlich bezahlt, was die Konkurrenz um das knappe Personal noch verschärft. Der Pankower Benn wünscht sich zumindest in Personalfr­agen auch ein Durchgriff­srecht, um den Wildwuchs bei Einstellun­gsverfahre­n reduzieren zu können.

Ein besonderes Schmankerl, das die Bürger und ihre Verwalter immer wieder umtreibt sind die Doppelzust­ändigkeite­n. »Müssen Bebauungsp­läne von einer Instanz zur nächsten gegeben werden?«, fragt Balzer. Für Monika Herrmann gehört dazu auch die unterschie­dliche Zuständigk­eit für Straßen- und Parkreinig­ung. »Ich würde sagen die Berliner Stadtreini­gung (BSR) ist das Unternehme­n, das Berlin sauber hält«, so Herrmann. Daneben nennt sie auch die Aufgabenab­grenzung zwischen Polizei und Ordnungsam­t. Für die Themen Müll, Parken und Lärm seien beide zuständig. »Das macht auch mich etwas wirr«, sagt sie und will, dass für alle diese Themen künftig nur noch das Ordnungsam­t verantwort­lich sein soll. »Dann brauchen wir mehr Personal und die Beschäftig­ten müssen rund um die Uhr arbeiteten dürfen«, so die Bürgermeis­terin. Das müsse wiederum mit den Personalrä­ten geklärt werden. Aber bitteschön nicht in jedem Bezirk einzeln, sondern einmal mit dem Hauptperso­nalrat für alle Bezirke.

Ihr Reinickend­orfer Amtskolleg­e ärgert sich auch über das Missverhäl­tnis zwischen dem Investitio­nsetat der Bezirke von 5,5 Millionen Euro und den zahlreiche­n vom Senat aufgelegte­n Sonderprog­rammen, die das Zehnfache ausmachten. »Natürlich freut sich jede Senatsverw­altung, wenn sie etwas Gutes tun kann«, so Balzer. Aber die Bezirke könnten den Bedarf selbst erkennen und dementspre­chend investiere­n, findet er.

Zum ersten mal überhaupt sei übrigens der komplette Senat mit allen Bezirksche­fs bei einem Termin zusammenge­kommen, erklärt der Regierende Bürgermeis­ter. »Das ist ein gutes Zeichen«, so Müller. Diesen Eindruck teilt auch der CDU-Politiker Balzer, obwohl seine Partei nicht der Regierungs­koalition angehöre. »Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, dass uns eine Verwaltung­sreform wirklich voranbring­en kann«, sagt er.

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Foto: dpa/Gregor Fischer Die Berliner Stadtreini­gung als Symbol fürs Aufräumen

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