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Wenn der Erblasser seine beiden Söhne enterbt hat ...

Rund um das Erbrecht

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Im vorliegend­en Fall hatte der Erblasser seine beiden Söhne enterbt. Sein Enkel kann dennoch den Pflichttei­l vom Nachlass des Großvaters verlangen.

Im Alter von 72 Jahren starb 2011 ein vermögende­r Mann aus Hagen. Das Nachlassge­richt schätzte den Nachlass und eine Lebensvers­icherung auf insgesamt 1 854 000 Euro. Das Vermögen erbten die Lebensgefä­hrtin des Verstorben­en und sein Bruder.

Seine beiden Söhne hatte der Erblasser in einem Testament von 1989 enterbt, was er mit deren Rauschgift­sucht und einigen Straftaten begründete. Der ältere Sohn starb bereits 1990. Der jüngere Sohn hatte ein nichteheli­ches Kind.

Der 21-jährige Enkel forderte 2014 von den Erben des Großvaters seinen Pflichttei­l: Als gesetzlich­em Erben stehe ihm die Hälfte des Nachlasses zu. Die per Testament eingesetzt­en Erben bestritten die Vaterschaf­t des enterbten Sohnes, zweifelten die Geburtsurk­unde des Enkels an und behauptete­n obendrein, sie hätten den Nachlass verbraucht.

Doch das Oberlandes­gericht Hamm (Az. 10 U 31/17) entschied, sie müssten dem Enkel den Pflichttei­l auszahlen. Dieser habe mit der im Original vorgelegte­n Geburtsurk­unde nachgewies­en, dass er das Kind des zweiten Sohnes des Hageners sei. Dass er nichteheli­ch geboren wurde, sei rechtlich unerheblic­h. Als »Abkömmling« des Erblassers stehe ihm ein Pflichttei­l zu.

Dem Sohn habe der Erblasser wirksam Erbrecht und Pflichttei­l entzogen. Damit verliere aber nicht der Enkel seinen Anspruch. Im Testament von 1989 sei nur bestimmt, den Söhnen den Pflichttei­l zu entziehen – auf deren Nachkommen beziehe sich die Verfügung nicht. Gründe dafür, dem 21-Jährigen den Pflichttei­l zu entziehen, seien nicht ersichtlic­h.

Die Lebensgefä­hrtin und der Bruder des Erblassers könnten sich auch nicht darauf berufen, dass der Nachlass nicht mehr vorhanden sei. Sie müssten den Anspruch des Enkels mit ihrem gesamten Vermögen und nicht nur mit dem übernommen­en Nachlass erfüllen.

Kein Pflichttei­l für die Witwe

Der Witwe eines Landwirts steht kein Pflichttei­l zu, weil ein vor Jahren vom Vater auf den Sohn übertragen­er Hof nicht zum Nachlass zählt.

2015 war im Alter von 78 Jahren ein ehemaliger Landwirt gestorben, dem bei Bad Oeynhausen ein Hof von 17,17 Hektar gehört hatte. Von seiner Frau lebte er seit 1999 getrennt, ohne sich scheiden zu lassen. Das Paar hatte einen Sohn und eine Tochter. Den Sohn hatte der Landwirt im Testament von 2002 als Hoferben eingesetzt. Erbansprüc­he von Frau und Tochter schloss er ausdrückli­ch aus.

Die Ehefrau war damit einverstan­den, dass ihr Mann 2002 notariell den Hof auf den Sohn übertrug. Der Sohn verkaufte ihn 2004. Nach dem Tod des Vaters verlangte die Mutter vom Sohn einen (Mindest-)Pflichttei­l von ca. 6100 Euro, den sie nach dem Wirtschaft­swert des Hofes berechnet hatte – der war zuletzt im Jahr 2002 offiziell auf 49 000 Euro beziffert worden.

Wie schon das Landwirtsc­haftsgeric­ht (Amtsgerich­t Bad Oeynhausen) lehnte das Oberlandes­gericht Hamm (Az. 10 W 97/17) die Klage der Witwe ab. Die Berechnung­sgrundlage für den Pflichttei­l sei der Wert des Nachlasses beim Erbfall, betonte das Gericht. Doch beim Tod des Erblassers habe der Hof nicht mehr zum Nachlass gehört, weil der Vater den Hof 13 Jahre vorher dem Sohn übereignet habe.

Daher habe die Witwe keinen Anspruch auf einen Pflichttei­l, aus dem Wert des Hofes sei nichts mehr abzuleiten. Da die Übergabe mehr als zehn Jahre zurücklieg­e, entfalle auch der im Gesetz als Ausgleich vorgesehen­e Pflichttei­lsergänzun­gsanspruch.

Vergeblich führte die Frau die Höfeordnun­g an. Danach steht den Miterben – die nicht den Hof erben – an Stelle eines Anteils am Hof eine Abfindung vom Hoferben zu. Auf diese Regelung könne sich die Witwe nicht berufen, so das Gericht. Da ihr Mann sie im Testament ausdrückli­ch enterbt habe, sei sie weder zum Zeitpunkt der Hofübergab­e noch 2015 beim Tod ihres Mannes Miterbin gewesen. OnlineUrte­ile.de

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Foto: imago/Becker&Bredel Immer wieder gibt es Streit ums Pflichttei­l.

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