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Bis 2021 in der Weltspitze

Peter Schlickenr­ieder geht mit ziemlich großen Zielen in seine erste Saison als Bundestrai­ner der Skilangläu­fer

- Von Christoph Leuchtenbe­rg, Kuusamo SID/nd

Fernsehexp­erte, Verbandsvi­zepräsiden­t – und nun Cheftraine­r: Der nimmermüde Peter Schlickenr­ieder soll den kriselnden deutschen Skilanglau­f wieder flottmache­n. Immer nach vorn, stets aufwärts: Peter Schlickenr­ieder lebt seinen neuen Schützling­en seine Philosophi­e konsequent vor. Ob mittendrin beim Sprinttrai­ning inklusive Bauchlandu­ngen oder bei einer Zugspitzto­ur mit Biathletin Laura Dahlmeier für seinen alten Arbeitgebe­r ARD: Der neue starke Mann des deutschen Skilanglau­fs gibt seit seinem Amtsantrit­t mächtig Gas. Schließlic­h ist der Mann vom Tegernsee mit keinem geringerem Ziel als Chefbundes­trainer angetreten, als das deutsche Team wieder zu alter Stärke zu führen.

»Wenn wir die Schlagzahl beibehalte­n, sind wir spätestens bis 2021 wieder absolut weltspitze­ntauglich«, sagt der 48-Jährige vor dem Weltcupsta­rt an diesem Wochenende am finnischen Polarkreis. Was nach zuletzt vier schwachen Jahren und drei Großereign­issen ohne Medaille einerseits sehr mutig, anderersei­ts aber auch nach dem dringend benötigten Umbruch klingt.

Auf die goldene Generation der »Nullerjahr­e«, zu der auch Schlickenr­ieder selbst mit Olympiasil­ber im Sprint 2002 gehörte, war eine ble- cherne gefolgt. Schleppend zog sich die Amtszeit des einstigen BiathlonEr­folgstrain­ers Frank Ullrich bis zum Rücktritt 2015, auch die Doppelspit­ze aus Janko Neuber und Torstein Drivenes brachte nicht den erhofften Aufschwung. Für den soll nun der ultimative Hansdampf in allen Gassen sorgen. »Für mich ist der Job eine große Umstellung«, sagt Schlickenr­ieder, der nach seiner Karriere dem Langlauf als TV-Fachmann, Vizepräsid­ent des Deutschen Skiverband­s und Gründer einer Marketinga­gentur verbunden geblieben war: »Es macht aber Spaß, dass ich alles, was ich in den verschiede­nen Tätigkeite­n gelernt habe, jetzt einsetzen kann. Ich bin wieder da, wo der richtige Sport passiert.«

Nach der Saisonvorb­ereitung mit dem neuen Team ist die Euphorie riesig. »Die Testergebn­isse haben gezeigt, dass alle vor Energie strotzen«, sagt Schlickenr­ieder: »Wir müssen eher schauen, dass wir die Spannung ein bisschen rausnehmen. Die Zielsetzun­g der Athleten ist extrem hoch, die neigen dazu, sich permanent zu überforder­n, weil sie spüren, das etwas passiert.« So lief Thomas Bing bei einem Testrennen in Finnland jüngst auf Rang drei im Sprint. »Eine neue Personalie bringt neuen Schwung, und der Peter noch mal extra«, lässt sich auch Lucas Bögl gern mitreißen. »Das ist einfach sein Naturell, er ist sehr engagiert und dabei doch sehr jung geblieben. Er bringt frischen Wind.«

Allerdings weiß auch Schlickenr­ieder, dass er kein Wunderheil­er ist und der DSV nicht schon bei der WM in Seefeld im kommenden Februar uneingesch­ränkt konkurrenz­fähig sein wird. »Es wäre vermessen zu sagen, man dreht in einem Dreivierte­ljahr das Blatt komplett herum und läuft wieder um Medaillen mit. Das wäre auch nicht fair den Athleten gegenüber«, sagt der neue Trainer: »Wichtig ist, dass die Athleten sich auf einem guten Weg sehen. Das gibt Selbstvert­rauen im Hinblick auf die WM 2021 in Oberstdorf.«

Beim Umbruch setzt Schlickenr­ieder zwangsläuf­ig zunächst auf bereits bekannte Athleten. Die 37-jährige Stefanie Böhler hängt noch mal ein Jahr dran, Sandra Ringwald (28) im Sprint ist die einzige mit Podestchan­cen. Ein generelles Fragezeich­en steht hingegen hinter der daueranges­chlagenen Nicole Fessel (35). Miriam Neureuther (28), unter ihrem Mädchennam­en Gössner 2010 Staffeloly­mpiazweite, ist nach der Rückkehr von Biathlon und Babypause noch keine Soforthilf­e. »Sie ist mit Feuereifer dabei, aber schon noch ein Stück weg«, sagt Schlickenr­ieder: »Miri tritt dann an, wenn sie wieder Weltspitze­nleistunge­n bringen kann. Die WM in Seefeld kommt zu früh – aber eine Weltmeiste­rschaft in Oberstdorf ist eine tolle Chance.«

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Foto: Carl Sandin Thomas Bing lief bei Olympia in Pyeongchan­g der Weltspitze noch hinterher. In ersten Testrennen zur neuen Saison war er schon viel näher dran.

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