nd.DerTag

Das »nd« gehört zum Gemeinwohl

Seit über 15 Jahren verbindet Monika Gadegast im nd-Shop Politik und Kunst

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Von Florian Brand

»Eigentlich wollte ich ja zur DruschbaTr­asse«, beginnt Monika Gadegast von ihrer DDR-Jugend hier in Berlin zu erzählen. Doch die Partei wusste ihren jugendlich­en Eifer anderweiti­g einzusetze­n. Man machte sie zur Parteisekr­etärin und schickte sie ans Theater der Freundscha­ft – das heutige Theater an der Parkaue. »Das war eine tolle Zeit«, sagt sie mit einem Leuchten in den Augen. Parteitreu sei sie gewesen. Trotzdem reizte sie der opposition­elle Geist der damaligen DDR-Künstler*innenszene. »Zwischen den Zeilen wurde auf der Bühne natürlich Kritik geübt. Das hat denen da oben aber gar nicht gefallen.« Immer wieder mischten sich Parteifunk­tionäre in die künstleris­che Arbeit ein. »Unliebsame Stücke verschwand­en im Giftschran­k.«

Der Bruch kam kurz vor dem Fall der Mauer: »China«, sagt sie knapp. Das Massaker auf dem Tian’anmen-Platz. Sie ging viel ins Kino damals. So kam es, dass sie eines Tages in einer Geheimvorf­ührung für Parteimitg­lieder saß, in der ein Film über die Geschehnis­se auf dem Platz des Himmlische­n Friedens gezeigt wurde. Das löste etwas in ihr aus. »Wie kann es sein, dass eine Regierung im Namen der guten Sache derartige Verbrechen an seinem eigenen Volk begeht?«

Kein Jahr später existierte die DDR nicht mehr. Doch mit der frisch erlangten Freiheit kamen andere Zwänge. »Ich wollte keine BRD. Aber ich wollte auch keine Partei, die den Bezug zu den Menschen vollkommen verloren hatte. Ich wollte einen funktionie­renden Sozialismu­s.«

Nach dem Mauerfall mussten Monika und ihr Mann sich komplett umorientie­ren. »Wir nahmen uns eine Auszeit von der Politik.« Ihr Mann wollte sich mit einer eigenen Kneipe einen Traum erfüllen und gründete die »Berliner Bierfakult­ät«. Nach einigen Jahren hängten sie den Job an den Nagel: »Zu lange in diesem Milieu ist nicht gut für die seelische Gesundheit.«

Von einem Versicheru­ngsjob, einem Kurzausflu­g zur PDS-Bundestags­fraktion in Bonn und einem Fliesenleg­erUnterneh­men ist Letzteres geblieben. Die Arbeit im nd-Shop, die Monika nunmehr seit 15 Jahren ausfüllt, wurde für sie eine zweite Heimat. Politik und Kunst – das sei ihr immer Herzenssac­he geblieben, sagt sie.

Im Dezember geht Monika Gadegast in Rente. Ein bisschen wehmütig blickt sie ihrem Ruhestand entgegen: »Zum Gemeinwohl gehört es, eine unabhängig­e linke Tageszeitu­ng zu haben.« Die momentane finanziell­e Lage des Verlags bedrohe jedoch die Existenz der Zeitung. Zudem sei die derzeitige LINKE nicht die Partei, die für Zukunft stehe, findet Monika. »Das ›nd‹ ist die letzte Bastion gegen rechte Umtriebe in Ostdeutsch­land. Das darf man nicht untergehen lassen«, sagt sie. Aber das betrifft sie ab Dezember nicht mehr direkt. Dann nämlich wird sie sich ihrem eigenen Trubel widmen – allem voran in ihrer Rolle als Oma den sechs Enkelkinde­rn.

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Foto: nd/Ulli Winkler
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