Der Aufstieg des Daniel Ortega
Die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN), 1961 gegründet und ursprünglich eine Guerillabewegung nach dem Vorbild der kubanischen Revolution und der dortigen M26-7 (Bewegung des 26. Juli) um Fidel Castro, prägt die Geschichte des mittelamerikanischen Staates. 1979 führte die FSLN um den Kommandanten Daniel Ortega, dem heutigen Präsidenten, einen Volksaufstand zum Triumph über die von den USA patronierte Familiendiktatur der Somozas und wurde zum Hoffnungsträger einer ganzen Generation.
Unmittelbar nach dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza entstand mit maßgeblicher Unterstützung der US-Regierung im benachbarten Honduras um den Kern der ehemaligen Nationalgarde Somozas eine Guerillagruppe, die sogenannten Contras. Sie versuchten, die Regierung durch Sabotage und Morde zu destabilisieren und zu stürzen. Zwischen 1981 und 1990 kostete der sogenannte Contra-Krieg etwa 60 000 Nicaraguaner und Nicaraguanerinnen das Leben.
1984 gewannen die Sandinisten und ihr Präsidentschaftskandidat Daniel Ortega die ersten freien Wahlen. 1990 verloren die Sandinisten die mehrheitliche Zustimmung der kriegsmüden Bevölkerung, die für das breite Oppositionsbündnis von Violeta Chamorro votierte.
Nach drei gescheiterten Anläufen errang Ortega 2006 erneut die Regierungsmacht. Ehefrau Rosario Murillo, damals Leiterin seiner Wahlkampagne, war bemüht, dem Bild des »Comandante« neuen Anstrich zu verleihen. An Stelle des Rot-Schwarz der sandinistischen Flagge trat helles Rosa und die linke Rhetorik wurde um einen religiös gefärbten Diskurs erweitert. Um die katholische Kirche für sich zu gewinnen, beschloss Ortega ein Abtreibungsverbot und bat um Vergebung für alte Fehden. Der Internationale Währungsfonds sollte milde gestimmt und die wirtschaftsliberale Ausrichtung der Vorgängerregierungen beibehalten werden.
Bei umstrittenen Wahlen 2011 und 2016 wurde Ortega jeweils im Amt bestätigt. In den vergangenen elf Jahren schuf sich Ortega ein Machtmonopol und besetzte wichtige Institutionen mit Gefolgsleuten. Murillos Ernennung zur Vizepräsidentin gilt als Versuch, die Nachfolge des 73-Jährigen, erkrankten Staatsoberhauptes abzusichern. Sein derzeitiges Mandat endet 2021.