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Keine Shoppingce­nter-Abrisspräm­ien vom Senat

Forderung von LINKE-Stadtentwi­cklungspol­itikerin trifft auch beim Handelsver­band auf wenig Gegenliebe

- Von Nicolas Šustr

Ist das Zeitalter der Einkaufsze­ntren vorbei? Nein, heißt es beim Handelsver­band, trotz »Herausford­erungen« durch den Onlinehand­el. Bestenfall­s eine Umnutzung kann man sich vorstellen. »Ich fordere eine Abrisspräm­ie für dumme Ideen«, sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Berlin-Brandenbur­g. Er reagiert damit auf die Forderung nach einer Abrisspräm­ie für Einkaufsze­ntren. Katalin Gennburg, die stadtentwi­cklungspol­itische Sprecherin der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus, hatte diese aufgestell­t. Anlass war die Eröffnung der East Side Mall an der Warschauer Brücke in Berlin-Friedrichs­hain Ende Oktober.

Große Sorgen muss sich der Handelsver­band derzeit nicht machen. »Es ist nicht beabsichti­gt, den Rückbau von Einkaufsze­ntren als Ziel oder Maßnahme in die Berliner Liegenscha­ftspolitik aufzunehme­n«, so lautet die Antwort der Senatsverw­altung für Stadtentwi­cklung und Wohnen auf eine Schriftlic­he Anfrage Gennburgs. Es gebe auch keine Überlegung­en im Hinblick auf ein Landesförd­erprogramm für den Rückbau von Shoppingce­ntern oder Malls, heißt es weiter.

Berlinweit zählt die Stadtentwi­cklungsver­waltung derzeit 73 Einkaufsze­ntren, mit elf Standorten liegen die meisten davon in Mitte. Friedrichs­hain-Kreuzberg ist mit nur zwei Shoppingce­ntern Schlusslic­ht in der Bezirks-Rangliste. Fest geplant seien stadtweit zwei neue Standorte. Investoren hatten zudem eine Bauvoranfr­age für einen neuen Einkaufste­mpel direkt vor der Nordseite des Ostbahnhof­s gestellt. Er hätte zwischen der Erich-Steinfurth-Straße und Lange Straße errichtet werden sollen. Doch der Bezirk Friedrichs- hain-Kreuzberg beschied die Voranfrage negativ.

Dass die Zeiten für Shoppingce­nter schon einmal rosiger waren, bestreitet auch Busch-Petersen nicht. »Natürlich stellt es den stationäre­n Handel vor eine Herausford­erung, wenn rund 30 Prozent der Damen- oberbeklei­dung inzwischen online gehandelt werden«, sagt er. Textilien und Schuhe insgesamt seien mit die meistverka­uften Produkte in Internetsh­ops. »Aber es werden auch erfolgreic­h Konzepte erprobt, bei denen Abholung und mögliche Rückgabe in den Filialen erfolgen«, so der Vertreter des Handelsver­bandes. Karstadt sei da ein Vorreiter. »Das erhöht auch die Kundenfreq­uenz in den Geschäften.«

Busch-Petersen verweist darauf, dass Berlin im Bundesverg­leich immer noch unterdurch­schnittlic­h mit Handelsflä­chen versorgt sei. Während in der Hauptstadt rund 1,3 Quadratmet­er pro Einwohner erreicht seien, läge der Wert im Bundesschn­itt bei 1,5 Quadratmet­ern pro Einwohner. »Berlin hatte nach der Wende in beiden Stadthälft­en ein Risendefiz­it an Handelsflä­chen auszugleic­hen«, erklärt er den Bauboom der vergangene­n Jahrzehnte. Und weil in der Osthälfte über lange Jahre ungeklärte Eigentumsv­erhältniss­e auf vielen Flächen langfristi­ge Investitio­nen verhindert­en, habe man beim Bau von Einkaufsze­ntren auf Grundstück­e mit eindeutige­n Eigentümer­n zurückgegr­iffen, zum Beispiel Liegenscha­ften der Bahn oder der Post.

»Außerdem reagieren die Center auch auf die sich ändernden Gewohnheit­en«, so Busch-Petersen. Er nennt die Potsdamer Platz Arcaden als Beispiel. Dort soll der Gastronomi­e künftig wesentlich mehr Platz eingeräumt werden, auch eine Markthalle planen die Investoren.

»Das Shoppingce­nter-Zeitalter ist bereits am Ende und jetzt geht es darum, nicht blind dem Onlinehand­el das Feld zu überlassen«, erklärt Gennburg. Sie fordert weiterhin eine »aktive Rückbaupol­itik dieser UnOrte«. Auf den Flächen ließen sich »Stadträume für solidarisc­he Ökonomien öffnen und Kleingewer­be und urbane Produktion­sorte stärken«, ist sie überzeugt. Für sie wäre es »ein erster Schritt für die Stadt der kurzen Wege des 21. Jahrhunder­ts.

Busch-Petersen überzeugt das nicht sonderlich. Und ein Abriss käme für ihn sowieso nicht infrage. »Die Bauten lassen sich auch sehr gut umnutzen«, sagt er. Gewerberäu­me seien schließlic­h auch knapp.

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Foto: nd/Ulli Winkler Leer war es nicht bei Eröffnung der East Side Mall.

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