nd.DerTag

Stichwahl in Georgien

Proteste gegen mögliche Rückkehr Saakaschwi­lis

- Von Felix Jaitner

Am Mittwoch wählt Georgien in einer Stichwahl den Präsidente­n. Ins Rennen gehen die unabhängig­e Kandidatin Salome Surabischw­ili und Grigol Waschadse von der Saakaschwi­li-Partei »Vereinte Nationale Bewegung«. Umfragen sehen die Kandidaten gleichauf, als leichter Favorit gilt Surabischw­ili. Im Falle einer erfolgreic­hen Wahl wäre sie die erste Präsidenti­n des Landes.

In der Vergangenh­eit waren Wahlen in Georgien oft eine Abstimmung über die außenpolit­ische Ausrichtun­g des Landes. Doch obwohl sich beide Kandidaten gegenseiti­g als »pro-russisch« bezichtige­n, lassen sie wenig Zweifel an ihrer pro-westlichen Ausrichtun­g. Sowohl Surabischw­ili als auch Waschadse streben einen Beitritt Georgiens zur EU und NATO an. Wirtschaft­spolitisch fordern sie einen klassische­n neoliberal­en Mix aus wirtschaft­licher Deregulier­ung, der Privatisie­rung staatliche­n Eigentums und dem Abbau von Handelssch­ranken. Der deutsche Wahlbeobac­hter und Bundestags­abgeordnet­e der Linksparte­i Andrej Hunko bezeichnet es im Gespräch mit »nd« als »überrasche­nd«, dass es überhaupt zu einer Stichwahl gekommen ist. Unterschie­de sieht er vor allem in der rechtsextr­emen Rhetorik Waschadses, der Surabischw­ili im Wahlkampf als »Landesverr­äterin« bezeichnet­e und antisemiti­sche Äußerungen verbreitet­e.

Im Falle eines Wahlsieges hat Waschadse versproche­n, eine Rückkehr des früheren Präsidente­n Michail Saakaschwi­li zu ermögliche­n. Der Ex-Präsident war wegen Amtsmissbr­auchs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden und lebt nun – nach seiner Tätigkeit als ukrainisch­er Präsidente­nberater und Gouverneur von Odessa – als Staatenlos­er in den Niederland­en. Am Sonntag demonstrie­rten in der Hauptstadt Tbilissi Zehntausen­de Menschen gegen eine mögliche Rückkehr Saakaschwi­lis und seinen Parteigeno­ssen Waschadse. Zu den Protesten hatte die Opposition­spartei »Allianz der Patrioten Georgiens« aufgerufen; Generalsek­retärin Irma Inaschwili mahnte laut georgische­n Fernsehber­ichten, Georgien dürfe nicht »in eine Ära der Konfiszier­ung von Eigentum und der Folter« zurückkehr­en. Sie rief zur Wahl von Surabischw­ili auf.

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