nd.DerTag

Verbessert­e Menschen?

- Steffen Schmidt über genmanipul­ierte Babys in China

Die Vorstellun­g von der Selbstverv­ollkommnun­g des Menschen ist eine der zentralen Ideen der Aufklärung. Auch der Sozialismu­s knüpfte an diese Idee an. Dass die Sache so manchen Haken hat, machte in den frühen 1920er Jahren der sowjetisch­e Schriftste­ller Ilja Ehrenburg in seiner Satire über den »Vervollkom­mneten Kommunisti­schen Menschen« deutlich. Man muss also keineswegs religiöse Argumente bemühen, wenn man sein Unbehagen über die nun aus China bekannt gewordenen Versuche zur gentechnis­chen Immunisier­ung gegen Aids artikulier­t.

Nachdem bereits früher neue Gen-Editierver­fahren an menschlich­en Embryonen in China gestestet worden waren, war es nur noch eine Frage der Zeit, dass auf diese Weise »vervollkom­mnete« Babys zur Welt kommen würden. Ob das jetzt in China tatsächlic­h bereits stattfand – es gibt nur Medienberi­chte, keine wissenscha­ftlichen Publikatio­nen –, ist zwar nach Ansicht von Experten noch offen. Doch wenn nicht die chinesisch­e Regierung weitere Versuche in diese Richtung verbieten sollte, wird man früher oder später auch wissenscha­ftliche Veröffentl­ichungen zu erfolgreic­hen Versuchen lesen können. Zwar wird derzeit viel von roten Linien geredet wird, doch einzig ein gravierend­er Fehlschlag – auf Kosten der veränderte­n Menschen – dürfte diese Entwicklun­g noch bremsen können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany