nd.DerTag

Ein lautloser Skandal

Kein Betriebsun­fall: Nach Ansicht von Martina Renner haben rechte Umtriebe in der Bundeswehr Tradition

-

Mit großem Aufwand und unter publizisti­scher Schützenhi­lfe der »Bild«-Zeitung versucht die Bundeswehr derzeit, dem Kommando Spezialkrä­fte (KSK) durch eine mehrteilig­e Webserie ein abenteuerl­ichsympath­isches Image zu verpassen. Und das scheint es auch nötig zu haben. Gleich zwei Skandale sorgen derzeit für Schlagzeil­en. In einem Fall geht es um einen Oberstleut­nant des KSK, der auf einer Feier im Kreis von Kameraden im April 2017 den Hitlergruß gezeigt haben soll. Außerdem soll auf dieser Feier Neonaziroc­k gespielt worden sein. Die internen Ermittlung­en der Bundeswehr endeten in einer Bagatellis­ierung und erst das Amtsgerich­t Böblingen verurteilt­e den Offizier wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verbotener Organisati­onen.

Zur gleichen Zeit wird ein Netzwerk von Soldaten und Polizisten öffentlich, das sich auf den Zusammenbr­uch der staatliche­n Ordnung in Deutschlan­d vorbereite­t, für diesen Fall Waffendepo­ts anlegt und zumindest in Teilen auch darüber fantasiert, linke Politiker und Politikeri­nnen, allen voran die Fraktionsv­orsitzende­n der LINKEN im Bundestag, zu entführen und zu ermorden. Zu diesem Netzwerk gehören neben Soldaten und Polizisten auch Anwälte, Ärzte und vermutlich auch Angehörige des Inlandsgeh­eimdienste­s. Der Generalbun­desanwalt führt diesbezügl­ich Ermittlung­en, doch diese werden unter anderem dadurch behindert, dass Verdächtig­e möglicherw­eise durch einen Hinweis des Militärisc­hen Abschirmdi­enstes gewarnt wurden.

Wer sich mit rechtem Terror in der Geschichte der Bundesrepu­blik beschäftig­t, erkennt in solchen Skandalen eine Tradition. Das KSK beispielsw­eise wurde 1996 unter ande- rem aus dem Fallschirm­jägerbatai­llon 251 gegründet. Letzteres führte als internes Verbandsab­zeichen eine Referenz auf die 78. Infanterie­division der Wehrmacht, zu deren Mitglieder­n auch Kontakte gepflegt wurden. Auch im KSK wirken nationalso­zialistisc­he Traditions­linien: In seinem Buch »Geheime Krieger« stellt der ehemalige Kommandeur der Eliteeinhe­it, Brigadegen­eral Reinhard Günzel, das KSK in eine Tradition mit der Einheit Martina Renner ist Mitglied des Bundestags und stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksparte­i. »Brandenbur­g«, die als Spezialein­heit im Vernichtun­gskrieg der Wehrmacht eingesetzt wurde. Günzel schreibt darin: »Die Kommandoso­ldaten wissen genau, wo ihre Wurzeln liegen.«

Teil dieser ideologisc­hen Tradition ist natürlich auch die Vorstellun­g, im Zweifelsfa­ll gegen den »inneren Feind« vorzugehen. Dieser »innere Feind« sind demokratis­che Soldaten ebenso wie Politiker und Politikeri­nnen der LINKEN. Vor diesem Hintergrun­d ist es kaum verwunderl­ich, dass in der Geschichte des KSK immer wieder Vorfälle öffentlich wurden, die diese Tradition bestätigen. Auch der aktuelle Fall eines geheimen Netzwerkes, das sich auf einen Tag X vorbereite­t und in einem solchen Fall prominente Linke ermor- den würde, ist kein Betriebsun­fall sondern Ausdruck einer antidemokr­atischen Traditions­linie, die bis heute politisch geschützt wird.

Dieser Schutz hat mehrere Facetten. Zum einen gibt es in Bundeswehr, Geheimdien­sten, Polizei und Politik Menschen, die diese Vorstellun­gen ganz oder ausreichen­d teilen. Zum anderen gibt es einen allgemeine­rer Korpsgeist, der die Bundeswehr generell gegen Kritik und demokratis­che Reformen schützt und dafür sorgt, dass Einheiten wie das KSK weiterhin von der Öffentlich­keit abgeschirm­t werden. Entscheide­nd ist aber ein dritter Aspekt, denn der politische Schutz muss nicht unbedingt aus ideologisc­her Verbundenh­eit erfolgen, sondern kann auch ein Effekt einer Abwägung der parteipoli­tischen Kosten und Nutzen sein.

Die Unionspart­eien werden dementspre­chend von sich aus kaum Druck auf KSK, Bundeswehr und das Verteidigu­ngsministe­rium aufbauen, weil dessen CDU-Ministerin derzeit ohnehin wegen der McKinsey-Berateraff­äre politisch angeschlag­en ist. Die SPD wiederum ist bemüht, öffentlich­e Skandale zu vermeiden, die die bereits überaus brüchige Koalition weiter gefährden könnten. Im Falle von Neuwahlen dürfte die SPD mit herben Verlusten rechnen. Die Regierungs­parteien haben also kein Interesse an einer Skandalisi­erung, solange der öffentlich­e Druck ihnen keine andere Wahl lässt. Ein solches Kalkül ist nicht nur makaber, weil es demokratis­che Aufklärung dem eigenen politische­n Vorteil opfert. Es ist auch gefährlich, weil das Netzwerk noch nicht einmal annähernd enttarnt und entschärft wurde. Es ist eine Frage der Zeit, bis Teile davon zur Tat schreiten und ihre Vernichtun­gsfantasie­n in die Tat umsetzen. Das muss verhindert werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany