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Holzmarkt will Eckwerk im Dialog retten

Prominent besetzter 90-Tage-Rat soll Lösungen für Genehmigun­gsprobleme finden

- Von Nicolas Šustr

Eigentlich scheint schon alles verloren beim Projekt Eckwerk, das Wohnen und Arbeiten auf innovative Weise verbinden soll. Doch die Holzmarkt-Genossensc­haft setzt auf den Druck der Öffentlich­keit. »Berlin, so geht es nicht weiter«, unter diesem Motto läuft die Pressekonf­erenz am Dienstagmi­ttag, zu der die Genossensc­haft Holzmarkt 25 eingeladen hat. Es geht um das Eckwerk, ein Projekt das gegenüber der Zentrale der Berliner Verkehrsbe­triebe an der Holzmarkts­traße entstehen sollte. »Eigentlich hätte das Gebäude schon letztes Jahr hier stehen sollen und können«, sagt Mario Husten vom Vorstand der Genossensc­haft Holzmarkt 25. Doch seit zwei Jahren bewege sich genehmigun­gsrechtlic­h vonseiten des Bezirks Friedrichs­hain-Kreuzberg nichts mehr. Von Bezirkssei­te heißt es, dass die eingereich­ten Unterlagen so nicht ausreichen­d seien. Tatsächlic­h soll mit dem Vorhaben Wohnen und Arbeiten fließend und flexibel kombiniert werden.

Richten soll es nun ein 90-Tage-Rat, eine Art Mediations­gremium, das bei komplexen und scheinbar ausweglose­n Verfahren zwischen der Verwaltung und Bürgern innerhalb von drei Monaten zu einer tragfähige­n Lösung kommen soll. Vorbild ist das australisc­he Adelaide, wo seit 2012 bei über 70 Projekten dieses Verfahren zur Anwendung kam. »Ich weiß, dass wir diese Vision auf das ganz kleine Karo des Planungsre­chts anpassen müssen«, sagt Wolfgang Wieland. Der Grünen-Politiker und kurzzeitig­e Berliner Justizsena­tor ist Teil des dreiköpfig­en Rats. Außerdem gehören noch die Architekti­n Barbara Hoidn, in den 1990er Jahren Leiterin der Architektu­rwerkstatt des Berliner Senatsbaud­irektoren, sowie der Hamburger Clubbetrei­ber und Projektent­wickler John Schierhorn dazu.

»Selbstvers­tändlich ist der Bezirk einer der wichtigste­n Akteure«, sagt Wieland. Auch mit der Stiftung Abendrot soll gesprochen werden. Sie hatte das Gelände 2012 der Berliner Stadtreini­gung abgekauft und einen Erbpachtve­rtrag mit der Eckwerk Entwicklun­gs Genossensc­haft geschlosse­n. Doch dieses Jahr hat die Stiftung den Vertrag wieder gelöst – weil es den vertraglic­h vereinbart­en Projektfor­tschritt bisher nicht gab. Wolfgang Wieland, Mitglied des 90-Tage-Rats

Nach Ablauf der 90 Tage soll klar sein, ob »politische Absicht oder rechtliche Schwierigk­eiten« die Realisieru­ng des Projekts bisher verhindert haben, erklärt Wieland. Und ob diese Hürden überwunden werden können.

Nicht unbedingt hilfreich für die Gespräche sind zwei Klagen gegen das Land Berlin, die die HolzmarktG­enossensch­aft vergangene Woche eingelegt hat (»nd« berichtete). Einmal geht es um Schadeners­atz in Höhe von rund 19 Millionen Euro, außerdem um eine Feststellu­ngsklage, dass der einst mit dem Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg geschlosse­ne Vertrag über die Entwicklun­g des Geländes nach wie vor gültig ist. »Es bleibt uns keine andere Wahl, als den Schaden geltend zu machen«, erklärt Husten. Aber vielleicht könne die Klage durch eine Bewegung des Bezirks gegenstand­slos werden, deutet er an.

Um die Bedeutung des Projekts zu unterstrei­chen, haben die Genossen einiges an Prominenz aufgefahre­n. Unter anderem den Regisseur der Serie »Babylon Berlin«, Tom Tykwer. Er habe noch nie so viele Kontakte in so kurzer Zeit geknüpft, seit er vor einem Jahr sein Büro auf dem Holzmarkt bezogen hatte, sagt der Regis- seur. Auch Stararchit­ekt Jan Kleihues, ist zusammen mit Wolfram Putz von Graft Architekte­n auf der Bühne. Sie sind die Planer des Baus.

Bezirkssta­dtrat Florian Schmidt (Grüne) reagiert distanzier­t. »Es ist für mich kein geeignetes Vorgehen, wenn man erst Klage erhebt und dann einen ›neutralen‹ Rat einsetzen will, der jedoch einseitig festgesetz­t wird«, erklärt er in einer Mitteilung. »Hier erkenne ich bedauerlic­herweise erneut die mittlerwei­le bekannte Linie der Holzmarkt eG, die offenbar glaubt, über politische­n Druck ihre Interessen durchsetze­n zu können«, so Schmidt weiter. Da es ein wichtiges Ziel des Bezirksamt­es sei, das Projekt Holzmarkt durch Baumaßnahm­en auf dem Nachbargru­ndstück nicht zu gefährden, halte er die Einsetzung eines Rates »zunächst nicht für geboten«. Abschließe­nd dazu äußern werde er sich erst nach Erhalt einer Einladung. Bisher wisse er nur aus der Presse von dem Vorhaben.

»Selbstvers­tändlich ist der Bezirk einer der wichtigste­n Akteure.«

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Foto: nd/Nicolas Šustr Vom Eckwerk sind auf dem Baugrundst­ück bisher nur zwei vergessene Schilder zu sehen.

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