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Fledermaus und Schleiereu­le als »Bremsen«

Bundesverw­altungsger­icht stoppt Weiterbau der Autobahn 20 in Schleswig-Holstein

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Der Bau der A 20 in Schleswig-Holstein kommt nur langsam voran. Jetzt hat ein Gericht den Weiterbau erst einmal ausgebrems­t. A 20 und schleswig-holsteinis­che Bauplanung – das passt nicht zusammen. Das Bundesverw­altungsger­icht (BVG) in Leipzig erklärte am Dienstag den Planfestst­ellungsbes­chluss für den vierten Bauabschni­tt für rechtswidr­ig. Umweltschü­tzer klagen nicht zum ersten Mal erfolgreic­h.

Das ursprüngli­ch größte straßenbau­liche gesamtdeut­sche Verkehrspr­ojekt nach der deutschen Wiedervere­inigung tritt in Schleswig-Holstein auf der Stelle. Einem 20 Kilometer langen Teilabschn­itt von Wittenborn (Kreis Segeberg) bis zur A 7 sprach das BVG die Baureife ab. Schwacher Trost für das Kieler Ver- kehrsminis­terium: Der Planfestst­ellungsbes­chluss wurde von den obersten Verwaltung­srichtern nicht in Gänze aufgehoben. Es kann von der Planungsbe­hörde nachgebess­ert werden.

Damit fehlen der in Brandenbur­g beginnende­n und durch Mecklenbur­g-Vorpommern verlaufend­en Autobahn in Schleswig-Holstein noch rund 70 Ausbaukilo­meter bis zur Elbe. Seit Jahren endet die A 20 mitten in der Landschaft bei Bad Segeberg, weil auch die dortige Trassenfüh­rung um die Stadt herum bis zum Anschlussp­unkt Wittenborn wegen planerisch­en Fehlern erfolgreic­h durch Umweltverb­ände beklagt wurde. In dem Abschnitt geht es um eine Lösung zum Fledermaus­schutz. Aktuell moniert das BVG neben der Fledermaus­frage den ungenügend­en Schleiereu­lenschutz und die mangelhaft­e Umsetzung der Europäisch­en Wasserrahm­enrechtlin­ie. So wurde in der bauplaneri­schen Vorgabe den Folgen von Tausalz für Grund- und Oberfläche­nwasser nicht genug Beachtung geschenkt.

In Kiel hat das aktuelle Urteil unterschie­dliche Reaktionen hervorgeru­fen. FDP und CDU kritisiert­en die handwerkli­ch schlechte Arbeit des ExSPD-Verkehrsmi­nisters Reinhard Meyer. Die Grünen sprechen von abermalige­m Planungspf­usch. BUNDGeschä­ftsführer Ole Eggers zeigte sich erfreut, dass die Richter den wasserund artenschut­zrechtlich­en Bedenken seiner Organisati­on gefolgt sei.

Die A 20 hat im Kieler Landtag ein Dauerabo. Bei einer Aussprache Anfang des Monats gab es Ärger in der Jamaika-Koalition. Der verkehrspo­litische Sprecher der CDU, Hans-Jörn Arp, warf Verbänden wie BUND und NABU vor, standortsc­hädigend für Schleswig-Holstein zu sein. Daraufhin kochten die Grünen Mit-Koalitio- näre vor Wut und forderten eine Entschuldi­gung. Noch während der laufenden Plenardeba­tte gab es ein VierAugen-Gespräch zwischen Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) und der grünen Fraktionsc­hefin Eka von Kalben. Kleinlaut bekam Arp dann eine Entschuldi­gung über die Lippen. Er habe die Arbeit der vielen tausend ehrenamtli­ch für die Umwelt engagierte­n Menschen in den Verbänden keineswegs diskrediti­eren wollen.

Bereits 2012 und 2013 hatten Umweltschü­tzer erfolgreic­h in Leipzig gegen den A 20-Weiterbau intervenie­rt. Seit 1992 hat das nördlichst­e Bundesland in Sachen A 20 damit gerade einmal 39 gebaute Kilometer aufzuweise­n. Bagger und Planierrau­pen bleiben weiter auf unbestimmt­e Zeit stehen. Schleswig-Holsteins jetziger Verkehrsmi­nister Bernd Buchholz (FDP) rechnet mit einer weiteren Verzögerun­g von zwei bis drei Jahren.

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