Doch nicht alle Beschäftigten bekommen Weihnachtsgeld
Alle Jahre wieder: das Weihnachtsgeld
Alle Jahre wieder sollten Arbeitnehmer im November ihre Gehaltsabrechnung besonders aufmerksam lesen. Eine Mehrheit findet dort Sonderzahlungen in unterschiedlicher Höhe. Doch längst bekommen nicht alle Beschäftigten Weihnachtsgeld.
Vor allem Tarifbeschäftigte können sich auf das Extra zum Jahresende verlassen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtet. 87 Prozent dieser Gruppe erhalten danach im Schnitt 2583 Euro zusätzlich. Das sind 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Durchschnitt liegt das Weihnachtsgeld der Tarifbeschäftigten in Westdeutschland mit 2595 Euro um 3,8 Prozent höher als in Ostdeutschland (2499 Euro).
Allerdings sind den IAB-Forschern der Arbeitsagentur zufolge nur noch rund 54 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen tätig, die an einen Flächen- oder Haustarifvertrag gebunden sind – Tendenz weiter rückläufig.
Rund die Hälfte der nicht tarifgebundenen Betriebe orientiert sich aber an den aktuellen Verträgen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften und zahlt dann dementsprechend auch Jahressonderleistungen. Nicht selten aber unter dem Vorbehalt der Betriebstreue oder erreichter Erfolgsziele.
Denn hinter dem volkstümlichen Begriff Weihnachtsgeld verbergen sich so unterschiedliche Dinge wie Erfolgs- und Treueprämien, freiwillige Boni ebenso wie tariflich festgeschriebene Entgeltansprüche der Beschäftigten. Die Wiesbadener Statistiker erfassen beispielsweise alle zusätzlichen Jahreszahlungen, die laut Tarifvertrag im November oder Dezember ausgezahlt werden müssen.
Mindestens jeder vierte Arbeitnehmer bekommt gar keine zusätzlichen Zahlungen. In die Röhre schauen beispielsweise Hunderttausende Gebäudereiniger. Die IG Bauen-Agrar-Umwelt rüstet bereits zu Streiks, sollten die bislang hartleibigen Arbeitgeber nicht in dieser Woche noch einlenken. Gelungen ist das im laufenden Jahr bereits beim ostdeutschen Bauhauptgewerbe. »Die Gewerkschaften schließen die Lücken beim Weihnachtsgeld«, befindet der Chef des WSI-Tarifarchivs bei der gewerkschaftli- chen Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten. Aus seiner Sicht sind die Sonderzahlungen ein wichtiges Argument im Kampf um die besten Fachkräfte.
Beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln geht Experte Christoph Schröder hingegen von einem weitgehend gleich bleibenden Etat aus. Mehr als 50 Milliarden Euro brutto würden in den kommenden Wochen zusätzlich an die Beschäftigten ausgeschüttet, rund ein Drittel davon leistungs- und erfolgsab- hängig. Sollte sich die Konjunktur dauerhaft abschwächen, stecken hier die ersten Ansatzpunkte der Betriebe für Einsparungen, erwartet Schulten.
Die tariflichen Weihnachtsgelder sind meist als Prozentsatz eines Monatsgehaltes verankert, so dass die Empfänger von den Lohnzuwächsen in ihrer Branche auch hier profitieren. Dem stehen einige Verträge mit Festbeträgen etwa in der Landwirtschaft oder im Steinkohlebergbau gegenüber. Nach aktuellen Angaben des Statisti- schen Bundesamtes in Wiesbaden erhalten die anteilig höchsten Weihnachtsgelder die Beschäftigten in erdöl- und erdgasfördernden Unternehmen: Sie bekommen eine Extrazahlung von durchschnittlich 5679 Euro. Es folgen die Beschäftigten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (5246 Euro) und die Arbeitnehmer im Bereich »Kokerei und Mineralölverarbeitung« (4795 Euro).
Das niedrigste Weihnachtsgeld beziehen die Tarifbeschäftigten in der Zeitarbeitsbranche mit 316 Euro. In der Landwirtschaft und im Jagdwesen (488 Euro) sowie bei Security-Firmen und Detekteien (501 Euro) wird ebenfalls ein deutlich unterdurchschnittliches Weihnachtsgeld gezahlt. dpa/nd