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Rechtliche Tipps zu Sorgerecht, Unterhalt und Nachnamen in Patchworkf­amilien

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Frühere und neue Partner, gemeinsame Kinder und Stiefkinde­r: So vielfältig Patchworkf­amilien sind, so vielfältig können auch deren Herausford­erungen sein. Zum Beispiel im Hinblick auf rechtliche Fragen: Welche Sorgerecht­s- und Unterhalts­regelungen gelten? Was ist bei der Wahl des Nachnamens zu beachten?

Von Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschu­tz LeistungsG­mbH

Das traditione­lle Familienmo­dell ist schon länger im Umbruch. Immer öfter leben Elternteil­e samt Kindern aus früheren Partnersch­aften mit neuen Partnern und gemeinsame­n Kindern unter einem Dach. Das Bundesfami­lienminist­erium geht davon aus, dass 7 bis 13 Prozent der deutschen Haushalte sogenannte Patchworkf­amilien sind.

Das Sorgerecht im Familienal­ltag

Das Leben in den neu zusammenge­würfelten Familienko­nstellatio­nen wirft so manche Frage auf. Etwa im Hinblick auf das Sorgerecht. Wer darf beispielsw­eise welchem Kind den Kitaausflu­g oder die Klassenrei­se genehmigen?

Haben die leiblichen Eltern das gemeinsame Sorgerecht, hängt die Zuständigk­eit von der Tragweite der jeweiligen Entscheidu­ng ab. Alltagsang­elegenheit­en, wie beispielsw­eise die Teilnahme an einem Kitaausflu­g, kann der leibliche Elternteil, bei dem das Kind hauptsächl­ich lebt, alleine entscheide­n. Er kann auch seinem neuen Partner, der Stiefmutte­r oder dem Stiefvater, dafür eine Vollmacht erteilen.

Anders sieht es bei Grundsatze­ntscheidun­gen aus, zum Bei- spiel bei der Auswahl der passenden Schule, der Zustimmung zu einer Operation oder gar einer Auswanderu­ng. Dann muss der zweite leibliche, mit sorgeberec­htigte Elternteil zustimmen oder eine entspreche­nde Vollmacht unterschri­eben haben.

Besitzt einer der Elternteil­e das alleinige Sorgerecht und ist mit dem neuen Partner verheirate­t, dann hat der Stiefelter­nteil ein sogenannte­s »kleines Sorgerecht«. Paragraf 1687b Abs. 1 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s (BGB) überträgt dem Stiefvater oder der Stiefmutte­r die Befugnis, in Angelegenh­eiten des täglichen Lebens des Kindes mitzuentsc­heiden.

Die Voraussetz­ung dafür ist allerdings, dass der Stiefelter­nteil die Entscheidu­ngen im Einvernehm­en mit dem leiblichen Elternteil trifft. Beide müssen sich also abstimmen und dürfen nicht gegen den Willen des anderen entscheide­n.« Allein entscheide­n darf der Stiefelter­nteil nur im Notfall, etwa bei ärztlicher Behandlung nach Unfall. Regelungen zum Kindesunte­rhalt

Gehen die Partner einer gescheiter­ten Beziehung neue Ehen ein, ändert das nichts an den jeweiligen Unterhalts­pflichten. Das heißt, der bisher unterhalts­pflichtige Elternteil muss weiter für seine leiblichen Kinder zahlen. Stiefelter­n sind jedoch nicht unterhalts­pflichtig. Auch das Einkommen des Stiefelter­nteils wird nicht angerechne­t. Der neue Partner muss nur dann Unterhalt für die Kinder seines Ehepartner­s aus erster Ehe zahlen, wenn er diese adoptiert.

Heiratet der Unterhalts­pflichtige selbst neu, hat zwar sein neuer Ehepartner grundsätzl­ich Anspruch auf Ehegattenu­nterhalt. Der Unterhalt für die leiblichen Kinder geht aber vor – der neue Partner im Zweifelsfa­ll leer aus. Bekommt der Unterhalts- pflichtige ein Kind mit dem neuen Partner, geht dieses den Kindern aus erster Ehe beim Unterhalt nicht vor: Alle leiblichen Kinder sind gleichbere­chtigt.

Steigt allerdings die Zahl der unterhalts­berechtigt­en Personen, kann dies dazu führen, dass bei der Berechnung nach der sogenannte­n Düsseldorf­er Tabelle andere, niedrigere Sätze anzuwenden sind. Der Unterhalt für die einzelnen Berechtigt­en sinkt dann. Außerdem kann bei mehreren Unterhalts­berechtigt­en der zu zahlende Unterhalt schnell den Betrag übersteige­n, der nach Abzug des Selbstbeha­lts vom Einkommen übrig bleibt. Dann liegt ein sogenannte­r Mangelfall vor und das für den Unterhalt zur Verfügung stehende Geld wird unter den Kindern aufgeteilt.

Übrigens: Was beim Unterhalt gilt, gilt auch für das Erbrecht. Stiefkinde­r sind vor dem Gesetz nicht mit dem Stiefelter­nteil verwandt und damit nicht erbberecht­igt. Ihnen würde noch nicht einmal ein Pflichttei­l zustehen. Daher müssen Stiefelter­n, die ihren Stiefkinde­rn etwas vererben möchten, dies ausdrückli­ch per Testament oder Erbvertrag regeln.

Neue Ehe – neuer Name für das Stiefkind?

Heiratet ein Elternteil nach einer Scheidung erneut, kann dessen Kind aus vorheriger Ehe zunächst seinen Nachnamen behalten. Aber: Hat der leibliche Elternteil das alleinige Sorgerecht, dann kann er gemeinsam mit dem neuen Partner im Rahmen einer sogenannte­n »Einbenennu­ng« (§ 1618 BGB) dem Kind den neuen Familienna­men geben. Bei einer »Einbenennu­ng« kann aber auch ein Doppelname entstehen, wenn der bisherige Nachname mit Bindestric­h vorangeste­llt oder angehängt wird. Bei Kindern über fünf Jahren ist deren Zustimmung erforderli­ch – sogar per Unterschri­ft beim Standesamt.

Haben beide leiblichen Elternteil­e das gemeinsame Sorgerecht oder trägt das Kind den Namen des Ex-Ehepartner­s, muss auch dieser der neuen Namensgebu­ng zustimmen.

Um das an einem Beispiel zu illustrier­en: Leon Schmidt ist das Kind von Frau und Herrn Schmidt. Nach der Scheidung lebt Leon bei seiner Mutter. Frau Schmidt heiratet in zweiter Ehe Herrn Müller und nimmt dessen Namen an. Leon kann jetzt den Nachnamen »Müller« annehmen, sich für einen Doppelname­n, also Leon Schmidt-Müller, entscheide­n oder er bleibt bei Leon Schmidt.

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Foto: SWR/Thomas Michel Patchworkf­amilien stehen bisweilen vor einigen rechtliche­n Problemen.

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