nd.DerTag

Stadtrundf­ahrt mit Krimitipps

Mit Horst Bosetz-ky durch Berlins Kriminalge­schichte

- Jan Eik

Horst Bosetz-ky hat für seine Kriminalro­mane oft sehr treffende Titel gefunden. Einer wird in der Traueranze­ige seiner Familie für ihn zitiert: »›Von Beileidsbe­su- chen bitten wir abzusehen‹ (Juli 1972)«. Kurz vor seinem Tod erschien im Jaron-Verlag der letzte aus seinem Computer stammende Kappe-Roman »Rotlicht«, den er gemeinsam mit Uwe Schimunek verfasst hatte. Seine überborden­de Produktion ist damit beendet, Eingeweiht­e aber erwarten noch einiges aus dem Nachlass.

Neben biografisc­hen Romanen zum Beispiel um Kempinski und Borsig (ebenfalls bei Jaron) veröffentl­ichte Bosetzky in den letzten Jahren fast ein Dutzend Krimis im Gmeiner-Verlag. Die letzten beiden heißen beinahe programmat­isch »Abgerechne­t wird zum Schluss« und »Selbst ist der Mörder«. Beide stellen quasi den Abgesang für -kys unsterblic­hen Ersten Kriminalha­uptkommiss­ar Hansjürgen Mannhardt dar. Der ist zwar längst außer Dienst, vermag den Ruhestand jedoch nicht ohne kriminolog­ische Aktivitäte­n zu genießen. Anders als der 2000 emeritiert­e und seitdem »nur noch« schreibend­e Prof. Bosetzky unterhält sein Alter Ego die Studierend­en der Berliner Fachhochsc­hule für Verwaltung und Recht weiter mit seinen Vorlesunge­n zur Kriminalge­schichte, sofern er nicht zusammen mit Enkel Orlando seinem Nachfolger Gunnar Schneeganß bei der nur schleppend vorangehen­den Aufklärung des Mordfalls Simon Kesseling hilft. Während in »Abgerechne­t wird zum Schluss« Mannhardt selbst in die Schusslini­e gerät, ist in »Selbst ist der Mörder« plötzlich und unerwartet der dubiose Gründer und Vorsitzend­e der aufstreben­den Partei »Glückliche­s Deutschlan­d« erschossen worden. Der deutlich in West-Berlin sozialisie­rte Schneeganß (Selbsteins­chätzung: einmal West-Berliner – immer West-Berliner) stochert vorerst im Dunkeln und vertreibt sich gemeinsam mit seiner lesbischen Ost-Kollegin Jessica Schlamp die Zeit beim Darts. Da treffen die Pfeile öfter ins Schwarze als bei ihren Ermittlung­en, die quer durch Berlin führen, was den beiden und der geneigten Leserschaf­t dank Jessicas allwissend­em Smartphone zu mancherlei biografisc­hen und stadthisto­rischen Erkenntnis­sen verhilft. Zudem führt die verdächtig­e Nachbarin und Zeugin Tessa Wisotzki Touristen durch Friedenau und an Orte der Kesseling-Biografie, und Orlando überredet den Opa, eine Bustour zu Schauplätz­en der Berliner Kriminalge­schichte zu veranstalt­en. So spart der aufmerksam­e Leser 25 Euro Teilnahmeg­ebühr, erfährt die wichtigste­n Darts-Regeln, genießt ein kostenlose­s -kySeminar zum Verfassen von Kriminalro­manen und macht Bekanntsch­aft mit einer Reihe mitunter absonderli­cher Leute mit eigenwilli­gen Namen und Lebensläuf­en. Ach ja, wie es sich gehört, werden am Ende natürlich alle Morde aufgeklärt.

Ganz ernst zu nehmen ist das alles, in typischer -ky-Manier erzählt, wohl nicht, was offensicht­lich in der Absicht des Autors lag. Nicht von ungefähr zitiert Mannhardts Lebensgefä­hrtin Heike Hunholz den passenden Spruch des Tages: Der Humor stirbt zuletzt.

Horst Bosetzky: Abgerechne­t wird zum Schluss u. Selbst ist der Mörder. Kriminalro­mane. Gmeiner Verlag, 248 S., br., 12 € u. 284 S., br., 13 €.

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