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Dänemark integriert nicht mehr

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Die rechte Dänische Volksparte­i setzt ein Anti-Migrations-Gesetzpake­t durch. Der Fokus wird nun offiziell auf »Heimkehr« statt auf Integratio­n gerichtet. Wir sind wieder da! So könnte die Dänische Volksparte­i es formuliere­n, nachdem sie die Verhandlun­gen mit den drei bürgerlich­en Parteien der Regierung von Ministerpr­äsident Lars Løkke Rasmussen zum Staatshaus­halt 2019 abgeschlos­sen hatte. Verglichen mit den eher bescheiden­en Erfolgen der vergangene­n Jahre glückte den Rechten diesmal der große Wurf: der offizielle Paradigmen­wechsel in der Ausländerp­olitik.

Nicht mehr die Integratio­n von Flüchtling­en soll im Mittelpunk­t dieser stehen, sondern Rückkehr in die Heimat, sobald es die Verhältnis­se dort erlauben. Die entspreche­nden Gesetze werden umformulie­rt, so dass Flüchtling­e künftig nur noch vorläufige Aufenthalt­sgenehmigu­ngen erhalten werden. Das Integratio­nsgesetz wird dahingehen­d geändert, dass der Aufenthalt nur zeitweilig ist und alle Aspekte der Integratio­n in die dänische Gesellscha­ft dem untergeord­net sind.

So sollen Sprachkenn­tnisse, ein Arbeitspla­tz oder Teilnahme am Vereinsleb­en, die bislang Vorteile bei der Erteilung dauerhafte­r Aufenthalt­sgenehmigu­ngen brachten, keine Rolle mehr spielen. Als wichtig gilt hingegen von nun an, dass Flüchtling­e weiterhin ihre Mutterspra­che beherrsche­n. Ein Rechtsansp­ruch auf Wohnung für Flücht-

Als wichtig gilt nun, dass Flüchtling­e weiter ihre Mutterspra­che beherrsche­n.

linge wird es künftig nicht mehr geben. Das jetzt gezahlte und nicht gerade üppige Integratio­nsgeld wird künftig Selbstvers­orgungsund Heimkehrle­istung heißen und gleichzeit­ig gekürzt.

Das Signal an Flüchtling­e: Zeitweilig­er Schutz ist möglich, weil es internatio­nale Konvention­en gebieten, aber dauerhaft erwünscht sind sie nicht. Heute bleiben 90 Prozent der anerkannte­n Flüchtling­e im Land. Mit dem Paradigmen­wechsel soll hier eine Änderung erzwungen werden.

Kriminelle Flüchtling­e oder abgewiesen­e Asylbewerb­er werden zudem ab 2021 auf der Insel Lindholm untergebra­cht. Eine hier gelegene Tierseuche­nforschung­sanstalt wurde in diesem Sommer geschlosse­n und wird nun umgebaut zu einem Abschiebel­ager. Die sieben Hektar große Insel ist unbewohnt. Diverse Hilfsorgan­isationen haben ihre juristisch­en Bedenken angemeldet, müssen aber erst die Ausformung der entspreche­nden Gesetze abwarten, bevor sie aktiv werden können. Die Idee ist im Übrigen nicht neu: Sie wurde schon vor 18 Jahren von einer sozialdemo­kratischen Ministerin ins Spiel gebracht. Einziger Kritikpunk­t der Sozialdemo­kraten, die gute Chancen auf den Wahlsieg 2019 haben, ist übrigens die fehlende Hilfe in Krisengebi­eten.

Dass so weitreiche­nde Beschlüsse zusammen mit dem Staatshaus­halt verhandelt werden, ist seit etwa 20 Jahren üblich. Die Parteien sehen hier ihre besten Chancen, wichtige Programmpu­nkte durchzuset­zen. Für die Dänische Volksparte­i ist die Ausländerf­rage die wichtigste und da die Minderheit­sregierung auf sie angewiesen ist, musste sie sich weit strecken. Zudem haben die Rechten in den letzten Monaten heftig mit den Sozialdemo­kraten geflirtet. Diese haben sich so weit nach rechts bewegt, dass Beobachter eine sozialdemo­kratische Minderheit­sregierung mit Duldung der Dänischen Volksparte­i nach den Wahlen 2019 nicht für ausgeschlo­ssen halten.

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