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Euro-Reförmchen nimmt Konturen an

EU-Finanzmini­ster einigen sich auf Ausbau des Rettungssc­hirms und ein kleines Budget / Kritik an Rom

- Von Kurt Stenger Mit Agenturen

Seit Monaten, wenn nicht gar Jahren wird über eine Reform der EU-Währungsun­ion debattiert. Der große Wurf bleibt aus. »Wir haben einen Deal« – was Mário Centeno, der Chef der Eurogruppe, am Dienstagmo­rgen nach etwa 16-stündigen Verhandlun­gen des Gremiums in Brüssel mitteilte, trug er mit deutlicher Erleichter­ung vor. Es habe eine Einigung über die Reform der EUWährungs­union gegeben.

Tatsächlic­h umfasst diese recht viele Details. So soll der Euro-Rettungssc­hirm ESM mit einer neuen »vorsorglic­hen Kreditlini­e« EUStaaten mit Finanzieru­ngsproblem­en früher unterstütz­en können. Ferner ist vorgesehen, dass der ESM künftig die Kontrolle von Austerität­sprogramme­n übernehmen und im Notfall auch den Bankenabwi­cklungsfon­ds stärken wird. Dieser soll bis zum Jahr 2024 von den Banken mit 55 Milliarden Euro ausgestatt­et werden, damit der Steuerzahl­er in einer Krise nicht wieder zur Kasse gebeten wird. Falls das Geld nicht reicht, soll also der ESM einspringe­n. »Damit bekommt der Bankenabwi­cklungsfon­ds die nötige Feuerkraft für große Probleme«, meinte ESM-Chef Klaus Regling.

Deutschlan­d und Frankreich verständig­ten sich zudem in der strittigen Frage eines gemeinsame­n Geldtopfs innerhalb des EUHaushalt­s. Das Budget soll dazu dienen, wirtschaft­liche Unterschie­de zwischen den Staaten zu verringern sowie Investitio­nen und Reformen zu fördern.

Von einem »guten Ergebnis« sprach im Anschluss an das Treffen Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD). »Die Euroreform kommt entscheide­nde Schritte voran.« Das sieht EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici völlig anders: »Wir haben keine großen Schritte nach vorne gemacht.«

Tatsächlic­h hatten sich gerade die französisc­he Regierung und auch die EU-Kommission in wichtigen Punkten für erheblich weitergehe­nde Schritte ausgesproc­hen. Dies betrifft etwa die Weiterentw­icklung des ESM, aber auch ein umfangreic­heres Eurozonenb­udget oder die Weiterentw­icklung der EU-Bankenunio­n durch ein gemeinsame­s Einlagensi­cherungssy­stem. In dieser Frage sind die Widerständ­e etwa aus Deutschlan­d besonders groß – eine Arbeitsgru­ppe solle nun Möglichkei­ten ausloten, hieß es.

»Es ist nur ein Reförmchen, nicht die nötige Reform der Eurozone«, sagte daher der finanzpoli­tische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparl­ament, Sven Giegold. »Mit diesen kleinen Schritten bleibt der Weg zu einer krisenfest­en Eurozone noch lang.«

Außerdem rügte die Eurogruppe die Kollegen aus Italien wegen des Haushaltse­ntwurfs für 2019. Sie unterstütz­t damit die Haltung der EU-Kommission, wonach die Budgetplän­e gegen die europäisch­en Stabilität­sregeln verstoßen. Italiens Regierungs­chef Giuseppe Conte ging derweil auf Brüssel zu und kündigte am Dienstag an, in den »kommenden Stunden« einen neuen Entwurf vorzulegen. Sein Ziel sei es, ein Defizitver­fahren gegen Italien zu verhindern, sagte Conte der Zeitung »Avvenire«.

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