nd.DerTag

Waffenhänd­ler mit reinem Gewissen

»Migrantens­chreck«-Betreiber äußert sich erstmals vor Gericht und sieht sich zu Unrecht angeklagt

- Von Marie Frank

In seinem Internet-Shop verkaufte der Rechtsextr­emist Mario R. von Ungarn aus illegal Waffen nach Deutschlan­d – zur »Verteidigu­ng gegen Asylbewerb­er«. Vor Gericht inszeniert er sich als Opfer. Der wegen illegalen Waffenhand­els angeklagte Betreiber des InternetSh­ops »Migrantens­chreck« hat am Dienstag vor dem Landgerich­t Berlin die Vorwürfe gegen ihn teilweise eingeräumt. Mario R. gibt zu, zwischen Mai und November 2016 von Ungarn aus Waffen, die in Deutschlan­d erlaubnisp­flichtig sind, an 193 deutsche Kund*innen verkauft zu haben. Der bekannte Rechtsextr­emist aus Thüringen sieht sich dennoch zu Unrecht angeklagt, da er davon ausgeht, sich an geltendes Recht gehalten zu haben.

Der 35-Jährige hatte über sein Internetpo­rtal Lang-, Feuer-, Repetier-, Schrecksch­uss- und Schusswaff­en verkauft, mit denen gefährlich­e Hartgummig­eschosse abgefeuert werden können, und anschließe­nd per Post nach Deutschlan­d verschickt. Beworben hatte er sie mit rechtsextr­emen Beschreibu­ngen wie: »60 Joule Mündungsfe­uer strecken jeden Asylbewerb­er nieder« oder: »Wurden Sie von ungewasche­nen und rotzfreche­n Antifanten belästigt? Nutzen Sie den An- tifaschrec­k als Meinungsve­rstärker«, wie aus der Anklage hervorgeht.

Vor Gericht versucht die Verteidigu­ng zu argumentie­ren, dass nicht das deutsche Strafrecht, sondern ungarische­s Recht zuständig sei, wo der Tatbestand nicht strafbar ist. Die Verantwort­ung liege hier ausschließ­lich beim Käufer. In einer Erklärung, die Mario R. von seinen beiden Rechtsanwä­lten verlesen lässt, beteuert er, dass er geglaubt habe, dass der Verkauf der in Ungarn als Alarm- und Signalgerä­te geltenden Waffen legal ist: »Ich bin davon ausgegange­n, mich in jeder Hinsicht an für mich geltendes Recht gehalten zu haben.«

Er habe dazu eigens einen Rechtsanwa­lt konsultier­t, der ihm versichert habe, dass er sich mit einer Einfuhr nach Deutschlan­d nicht strafbar mache. Ihm sei gesagt worden, dass sich die Käufer in Deutschlan­d um eine Erlaubnis kümmern müssen, was er in seinen Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen vermerkt habe.

Auch habe er sich zu keinem Zeitpunkt der deutschen Strafverfo­lgung entzogen, vielmehr sei er aus familiären Gründen nach Ungarn gezogen, wo er bis zu seiner Verhaftung im März mit seiner Lebensgefä­hrtin und seinem Kind lebte. Seinen Internetha­ndel habe er bei den ungarische­n Behörden angemeldet und die Einnahmen ordnungsge­mäß versteuert.

Staatsanwä­ltin Susann Wettley überzeugt das nicht: Für den Verkauf der Waffen hätte sich Mario R. eine Doppelgene­hmigung von den deutschen und den ungarische­n Behörden ausstellen lassen müssen. »Das hat der Angeklagte schlicht nicht gemacht.« Auch das Argument der Verteidigu­ng, dass er die Waffen nicht selbst nach Deutschlan­d eingeführt, sondern lediglich an einen Spediteur in Ungarn übergeben habe, lässt sie nicht gelten. »Transporti­eren oder transporti­eren lassen – das spielt keine Rolle.«

Fragen will Mario R. am Dienstag nicht beantworte­n. Dabei ist noch vieles unklar. Allen voran die Frage, ob er das Geschäft, bei dem er 110 000 Euro verdient haben soll, alleine betrieben hat. »Das war offenbar ein größer angelegter Handel, der schwer durch eine einzige Person organisier­t werden kann«, so der Richter.

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Foto: RubyImages/F. Boillot Mario R. mit seinen Anwälten Schadt (l.) und Heimann (r.)

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