Rabbis made in Germany
Seit fünf Jahren wird jüdische Theologie an der Universität Potsdam gelehrt. Thüringen hätte diese Studienrichtung auch gern gehabt, hatte aber gegenüber das Nachsehen. Es sei nach den furchtbaren Naziverbrechen »alles andere als selbstverständlich« gewesen, dass Juden in Deutschland heute wieder ihre Heimat sehen, sagte Brandenburgs Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) am Montagabend. Sie sprach bei einer Festveranstaltung im Museum Barberini zum fünfjährigen Bestehen der jüdische Theologie an der Universität Potsdam.
Auch Thüringen hatte seinerzeit Ambitionen, das Fach jüdische Theologie bei sich anzusiedeln. An der Franz-Liszt-Musikhochschule in Weimar sei eine Professur für jüdische Musik eingerichtet worden, und Erfurt wäre auch bereit gewesen, »die jüdische Theologie aufzunehmen«, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) in Potsdam. Doch habe er seinen Frieden damit gemacht, dass die »Rabbis made in Germany« nun aus Brandenburg stammen.
»Die Abwerbeversuche aus Thüringen haben wir glänzend abgewehrt«, sagte Universitätspräsident Oliver Günther zufrieden. Er sprach von »allerhand Gegenwind« und von Schwierigkeiten, die es gegeben habe. Im Falle der christlichen Konfessionen sei festgelegt, dass der jeweilige Bischof die Theologieprofessoren bestimme. Aber wer sollte das für die jüdische Theologie erledigen? Alles sei am Ende gelöst worden. Dass die jüdische Theologie jetzt auf fünf Jahre zurückblicke, »macht mich stolz«, bekannte Günther.
Die Landtagsabgeordnete Klara Geywitz (SPD) wurde am Montagabend mit der Abraham-Gei-
»Die Abwerbeversuche aus Thüringen haben wir glänzend abgewehrt.«
Oliver Günther, Universitätspräsident ger-Plakette ausgezeichnet. Professor Walter Homolka lobte Geywitz, dass sie aktiv und zielstrebig an der Umsetzung des Projektes gearbeitet habe, was zur Gleichstellung der jüdischen Theologie an einer staatlichen deutschen Hochschule geführt habe.
Dass die große Tradition des liberalen Judentums auf diese Weise »ausgerechnet im atheistischen Osten« so ihren Anknüpfungspunkt und ihre Fortsetzung finden konnte, freute Geywitz in ihren Dankesworten. Das steht ihrer Meinung nach in der Tradition der preußischen »Toleranz«. Potsdam sei ein »place to be« für alle, die in Europa Rabbiner oder Kantor werden wollen.
Es folgte eine Präsentation, was die jüdische Theologie an der Universität Potsdam bisher geleistet hat. Dazu gehört eine Neuübersetzung der Tora ins Deutsche. Das wurde vergnüglich dargeboten. Denn 100 Jahre alte Übersetzungen sind mit sprachlichen Merkwürdigkeiten gespickt. Da wurde das Papyrusboot zum Räuberschiff, der Waffenträger zum Wasserträger und der Strauch in der Steppe zum Strolch in der Steppe. Die Aufforderung, man solle keinen Hurensohn mit in den Tempel bringen, bezog sich im Original auf den Hurenlohn. Und wenn dem König David ein Sohn verheißen wurde, der in Ruhe und Frieden herrschen werde, dann war dessen Name nicht etwa Salomon, sondern Friedrich. In zwei Jahren soll die 38-bändige Ausgabe der Werke von Moses Mendelsohn vollständig vorliegen. Die Arbeit daran musste 1938 unterbrochen werden und wurde erst 1970 wieder aufgenommen.