nd.DerTag

Am Ende bleiben die Alten

Die Anzahl der Senioren in Brandenbur­g nimmt zu – die Politik muss das beachten

- Von Andreas Fritsche

Brandenbur­g gewinnt bis zum Jahr 2020 Einwohner hinzu. Doch nach jetziger Einschätzu­ng kann die Zuwanderun­g den Bevölkerun­gsrückgang nicht kompensier­en. Damit hatte die Politik nicht gerechnet. Niemand hatte damit gerechnet. In den vergangene­n Jahren ist die Bevölkerun­gszahl in Brandenbur­g unerwartet gestiegen. Das Wachstum hält auch noch bis 2020 an. In jenem Jahr wird der Spitzenwer­t von 2,515 Millionen Einwohnern erreicht. Das hat das Statistika­mt Berlin-Brandenbur­g vorausbere­chnet.

Die Geburtenra­te liegt jetzt bei 1,69 Babys pro Frau. Es ist ein »sensatione­ller Wert«, wie Staatskanz­leichef Martin Gorholt (SPD) am Dienstagna­chmittag schwärmte. Dies ist ein besserer Schnitt als in Westdeutsc­hland. Davon hätte Brandenbur­g nicht zu träumen gewagt. Schließlic­h lag die Geburtenra­te hier nach der Wende auch schon unterhalb von 1,0.

Nach einer Vorausbere­chnung des Statistika­mtes für die Zeit bis 2030 wird die Geburtenra­te in den kommenden fünf Jahren mit 1,65 Prozent auf einem recht hohen Niveau bleiben. Ohne Zuwanderun­g müsste sie zwar bei etwa 2,3 liegen, um die Einwohnerz­ahl zu halten. Doch es gibt ja Zuwanderun­g. Alle Landkreise können im Moment Wanderungs­gewinne verbuchen. Das heißt, es ziehen mehr Menschen hin als weg. In geringerem Maße betrifft das sogar auch die Landkreise ohne Grenze zur Bundeshaup­tstadt, also ohne Berliner Speckgürte­l. Doch das unerwartet­e Plus ist nicht von Dauer. Denn die Differenz zwischen Geburten und Sterbefäll­en steigt weiter, und dies kann nach 2020 durch die prognostiz­ierte positive Wanderungs­bilanz nicht mehr ausgeglich­en werden. Dann sinkt die Einwohnerz­ahl wieder – bis auf 2,45 Millionen im Jahr 2030.

1990 sind in Brandenbur­g 34 000 Kinder zur Welt gekommen. Jetzt sind es 20 000 Kinder, künftig werden es nur noch noch 15 000 sein. Man spricht vom demografis­chen Echo. Die Mädchen, die wegen des Geburtenkn­icks nach der Wende fehlen, fal- len nun als mögliche Mütter aus. Die Politik muss darauf reagieren, dass es erst einmal mehr Brandenbur­ger geben wird als geglaubt und dann doch wieder weniger. Zunächst muss für Kitaplätze gesorgt und auch an Schulen gedacht werden. Die steigende Zahl der Berufspend­ler nach Berlin erfordert einen darauf abgestimmt­en Nahverkehr. Da aber immer mehr Senioren im Bundesland leben werden, müssen zeitgleich die Bemühungen um Pflegefach­kräfte fortgesetz­t und verstärkt werden. So sieht es auch Staatssekr­etär Gorholt.

Am Dienstag befasste sich das rotrote Kabinett mit den Vorausbere­chnungen und den daraus zu ziehenden Schlussfol­gerungen. Anschließe­nd warnte Statistika­mtschef Jörg Fidorra: »Wir haben keine Glaskugel.« Dass sich die Dinge ändern können, sei völlig klar. So habe die Statistik die große Zahl der in den Jahren 2015 und 2016 ankommende­n Flüchtling­e nicht vorhersehe­n können. Fidorra empfahl jedoch, Bevölkerun­gsprognose­n nicht in Frage zu stellen, nur weil sie sich manchmal teilweise an sich bewahrheit­en.

 ?? Foto: imago/photothek ?? Trotz Zuzug und mehr Geburten soll die Bevölkerun­gszahl in Brandenbur­g abnehmen, Orte werden weiter verwaisen.
Foto: imago/photothek Trotz Zuzug und mehr Geburten soll die Bevölkerun­gszahl in Brandenbur­g abnehmen, Orte werden weiter verwaisen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany