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Mehr Rechte für Fernfahrer

- Von Ines Wallrodt

Die EU-Verkehrsmi­nister haben sich auf bessere Arbeitssta­ndards für Lkw-Fahrer in Europa geeinigt. Wirklich gut werden sie dadurch nicht. Fahrer, die über Monate in der Lkw-Kabine leben und täglich weit über die erlaubte Stundenzah­l fahren – zahlreiche Berichte über katastroph­ale Arbeitsbed­ingungen von Fernfahrer­n in Europa haben den Druck erhöht, die Regeln für den Gütertrans­port auf der Straße zu verschärfe­n. In der Nacht zum Dienstag haben sich nun die EU-Verkehrsmi­nister mehrheitli­ch auf ein Gesetzespa­ket geeinigt, das zwei Millionen Fernfahrer vor Ausbeutung und Spediteure vor unfairer Konkurrenz zu schützen verspricht. Nach stundenlan­gen Verhandlun­gen setzten sich damit Länder wie Frankreich und Deutschlan­d gegen die überwiegen­d osteuropäi­schen EU-Länder durch. Vor allem Rumänien, Polen und Bulgarien fürchten, dass ihre Speditione­n künftig weniger Aufträge bekommen, wenn sie die Fracht nicht mehr billiger durch Europa transporti­eren können. Aber auch aus Österreich kamen zuletzt Vorschläge etwa zur Verkürzung der Ruhezeiten, die Gewerkscha­ften alarmiert hatten.

Grundsatz mit Ausnahme

Die Einigung hält fest, dass LkwFahrer, die außerhalb des Ursprungsl­andes ihres Arbeitgebe­rs eingesetzt werden, künftig den Status eines »entsandten Arbeitnehm­ers« haben und somit zu gleichen Bedingunge­n wie ihre Kollegen im Einsatzlan­d arbeiten. Ausgenomme­n davon sind Lieferunge­n in ein anderes Land mit weniger als drei Halten zum Beund Entladen. In diesem Fall muss nicht der jeweils gültige Mindestloh­n gezahlt werden. Diese Ausnahme könnte ein Einfallsto­r für fortgesetz­tes Lohndumpin­g werden. Denn Speditione­n könnten nun versuchen, ihre Touren so zu planen, dass sie die Löhne doch unterlaufe­n – selbst wenn die Fahrer einen Großteil ihrer Arbeitszei­t beispielsw­eise in Deutschlan­d unterwegs sind.

Zusätzlich­e Regeln sollen bei der Kabotage gelten – die liegt dann vor, wenn etwa ein polnisches Transportu­nternehmen innerhalb Deutschlan­ds Waren oder Pakete ausliefert. Erlaubt bleiben maximal drei Fahrten innerhalb einer Woche. Nach der EU-Einigung müssten Fernfahrer nun zudem zwischen zwei Aufträgen eine »Abkühlphas­e« von mindestens fünf Tagen einhalten. Außerdem muss der Dienstplan eines Fahrers es zulassen, dass er mindestens alle vier Wochen in sein Heimatland zurückkehr­t. Grenzübert­ritte sowie die Orte des Ladens sollen ab 2024 mit einem intelligen­ten Fahrtensch­reiber automatisc­h überwacht werden.

Kabinenübe­rnachtung verboten Die Verkehrsmi­nister wollen zudem verbieten, dass die Fahrer ihre wöchentlic­he Ruhezeit in der Lkw-Kabine verbringen. Ihre Speditione­n müssten demnach für angemessen­e Unterkünft­e sorgen. Das gilt jedoch nicht für die Übernachtu­ng nach einer regulären Tagesschic­ht.

Der Transports­ektor war gegen den Widerstand der Gewerkscha­ften aus der EU-Entsenderi­chtlinie ausgeklamm­ert worden. Die Kommission hatte argumentie­rt, dass für Kraftfahre­r besondere Bedingunge­n herrschen. Der DGB äußerte sich am Dienstag in seiner Bewertung zurückhalt­end gegenüber »nd«. »Trotz einiger Abmilderun­gen der vollkommen inakzeptab­len Vorschläge der österreich­ischen Ratspräsid­entschaft sind die Probleme im Verkehrsse­ktor damit noch lange nicht aus dem Weg geräumt«, erklärte DGB-Vorstandsm­itglied Stefan Körzell. Die Hoffnungen der Kritiker ruhen nun auf dem Europaparl­ament, das dem Mobilitäts­paket zustimmen muss.

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