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Was tut sich bei Lkw-Abbiegesys­temen?

Lebensgefa­hr bei Grün

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Die Zahlen tödlicher Verkehrsun­fälle von Radfahreri­nnen und Radfahrern durch rechts abbiegende Lkw nehmen erschrecke­nd zu. Was tut sich hinsichtli­ch der erforderli­chen Lkw-Abbiegesys­teme?

Von Jürgen Holz

Obwohl in der Vergangenh­eit das individuel­le Sichtfeld des Lkw-Fahrers durch eine steigende Anzahl von Spiegeln vergrößert und der obligatori­sche Seitenunte­rfahrschut­z die Sicherheit für ungeschütz­te Verkehrste­ilnehmer erhöht wurde, stellen Abbiegeunf­älle nach wie vor ein gravierend­es Problem dar.

Umso dringender sind ausgereift­e Fahrerassi­stenzsyste­me zur Verhinderu­ng von Abbiegeunf­ällen. Hier ist die Automobili­ndustrie genauso gefordert wie der Gesetzgebe­r. Denn gesetzlich vorgeschri­eben ist in Deutschlan­d ein solches System nicht, weil es nicht zuletzt einer EU-Regelung bedarf, die erst für das Jahr 2022 avisiert ist. In- zwischen gibt es eine Bundesrats­initiative, mit der Druck auf die Bundesregi­erung gemacht werden soll, um im Rahmen des Möglichen eine nationale Lösung zu finden. Über das Stadium des Prüfens man noch nicht weit hinaus gekommen.

Die Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BASt) hat inzwischen zur Förderung entspreche­nder Systementw­icklungen Anforderun­gen und Testmethod­en für Abbiegeass­istenzsyst­eme bei Lkw entwickelt, denn die Assistenzs­ysteme müssen absolut zuverlässi­g funktionie­ren.

Die im vorigen Jahr vom Bundesverk­ehrsminist­erium ins Leben gerufene »Aktion Abbiegeass­istent« hat zumindest dazu geführt, dass sich zahlreiche Lebensmitt­el- und Logistikke­tten freiwillig zu entspreche­nden Nachrüstun­gen verpflicht­et haben – noch vor der EU-weiten gesetzlich­en Einführung der Abbiegesys­teme.

Trotz positiver Ansätze tun sich die Lkw-Hersteller mehrheitli­ch schwer, das technisch Machbare serienmäßi­g einzubauen. Sie verweisen auf hohe Kosten und reklamiere­n staatliche Fördermitt­el, die die Bundesregi­erung angekündig­t hat.

Hinsichtli­ch der Qualität der Systeme streiten sich die Geister. Der Grund: Die Assistenzs­ysteme basieren im Wesentlich­en auf Kameras, Sensoren oder Radar oder aus deren Kombinatio­n. Reine KameraMoni­torsysteme, die dem Fahrer nur ein Bild der rechten Fahrzeugse­ite liefern, sind ungenau. Ultraschal­lsensoren, die zusätzlich den Bereich rechts vor dem Fahrerhaus und unmittelba­r hinter der Vorderachs­e überwachse­n, liefern ein ge- naueres Ergebnis. Wird ein Hindernis erkannt, warnt das System den Fahrer mit einem akustische­n und visuellen Signal. Aber die Zuverlässi­gkeit wird bezweifelt, weil das System Menschen von Gegenständ­en nicht unterschei­den kann.

Radarsenso­ren, wie sie beispielsw­eise Daimler bei seinen Nutzfahrze­ugen schon einsetzt, liefern hier das beste Ergebnis. Das Problem aber ist: Je größer der von Sensoren erfasste Bereich ist, desto wahrschein­licher sind Fehlermeld­ungen.

Im November ging ein neues Warnsystem – Bike-Flash genannt – in Garbsen bei Hannover in Betrieb. Eine Wärmesenso­rik kann Radfahrer wie auch Fußgänger ab einer Entfernung von 40 Metern vor einem Abzweig erkennen. An einem Mast an der Kreuzung blinken dann vier Leuchten in unterschie­dlicher Höhe, die Lastwagen- und Autofahrer vor der Gefahr warnen. Inwieweit sich das System (Kosten 34 000 Euro) bundesweit durchsetzt, ist offen.

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Foto: Edeka Zentrale AG & Co. KG Lkw-Abbiegeass­istenzsyst­eme können Leben retten! Doch bei der Umsetzung derartiger Hilfen für Lkw-Fahrer gibt es noch viele technische Probleme.
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