nd.DerTag

Landkäufer dürfen Geld behalten

Windkrafta­nlagen

-

An Windkrafta­nlagen auf ostdeutsch­en Äckern verdient die Privatisie­rungsgesel­lschaft BVVG kräftig mit – bis jetzt. Ein Landbesitz­er aus Mecklenbur­g-Vorpommern hat die »Knebelvert­räge« vor dem BGH in Karlsruhe gekippt. Davon profitiere­n auch Andere.

Landkäufer in Ostdeutsch­land sind für Windkrafta­nlagen auf ihren Flächen nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) jahrelang zu Unrecht zur Kasse gebeten worden. Eine entspreche­nde Regelung in ihren Kaufverträ­gen ist unwirksam, wie der BGH am 14. September 2018 (Az. V ZR 12/17) entschied. Landbesitz­er können möglicherw­eise Geld zurückford­ern, solange die Ansprüche noch nicht verjährt sind.

Wie viele Käufer betroffen sind und um welche Summen es geht, ist noch unklar. Die zuständige Bodenverwe­rtungsund -verwaltung­s GmbH (BVVG) rechnet aber mit »erhebliche­n finanziell­en Auswirkung­en«.

Die BVVG verkauft und verpachtet seit der Wiedervere­inigung im staatliche­n Auftrag die ehemals volkseigen­en Äcker, Wiesen und Wälder. In den ersten 15 Jahren sollen die Flächen nur für die Landwirtsc­haft genutzt werden. Gibt es daran in dieser Zeit Änderungen, hat die BVVG in bestimmten Fällen das Recht, das Land zurückzuka­ufen oder vom Kaufvertra­g zurückzutr­eten.

Der Kläger, ein Mann aus Mecklenbur­g-Vorpommern, will auf seinen 71 Hektar Land drei Windräder aufstellen lassen. Daran hätte die BVVG kräftig mitverdien­t. Denn sein Kaufvertra­g sieht vor, dass er der Gesellscha­ft 75 Prozent des Geldes abtreten muss, das er vom Betreiber der Windräder über die gesamte Laufzeit der Anlage hinweg bekommt. Dem Kläger zufolge waren das ursprüngli­ch rund 800 000 Euro pro Windrad. Er spricht von »Knebelvert­rägen« – und legte vor Gericht Klage ein.

Der BGH gibt ihm nun in letzter Instanz Recht. Die BVVG hatte argumentie­rt, dass sie die Flächen auch gleich zurückkauf­en könnte. Das Abschöpfen der Einnahmen sei das »mildere Mittel«. Das BVVG-Argument sehen die obersten Zivilricht­er in Karlsruhe anders. Demnach kann die BVVG Flächen übernehmen, die zu Bauland geworden oder nun für Verkehrswe­ge vorgesehen sind – Windräder sind aber kein Grund dafür. Das Land werde dafür nicht aufgewerte­t. Weil der Gesetzgebe­r Windräder fördere, sei ihr Aufstellen grundsätzl­ich überall möglich.

»Der BVVG steht kein Wiederkauf­srecht zu«, sagte die Vorsitzend­e Richterin Christina Stresemann – und damit auch keine Beteiligun­g an den Einnahmen aus der Windkrafta­nlage.

Dem Urteil zufolge kann die BVVG höchstens vom Kaufvertra­g zurücktret­en, wenn ein wesentlich­er Teil der Flächen zur Energieerz­eugung genutzt werden soll, also zum Beispiel ein ganzer Windpark entsteht. In dem Fall aus Mecklenbur­gVorpommer­n sind aber nicht einmal zwei Prozent des Landes betroffen.

Die BVVG will die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung abwarten und dann das weitere Vorgehen festlegen. »Nach erster Einschätzu­ng ist auf Grund des Urteils mit erhebliche­n finanziell­en Auswirkung­en für die BVVG zu rechnen«, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Eine Bezifferun­g sei noch nicht möglich.

Wie viele Kaufverträ­ge nun diese unwirksame Regelung enthalten und welche Einnahmen die BVVG bis heute aus den Windkrafta­nlagen erzielt hat, wurde in dem Verfahren jedoch nicht mitgeteilt. dpa/nd

 ?? Foto: dpa/Julian Stähle ?? Über Schönheit lässt sich immer streiten.
Foto: dpa/Julian Stähle Über Schönheit lässt sich immer streiten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany