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Knüppel aus dem Blatt

Die Berliner Zeitschrif­t CILIP begleitet seit 40 Jahren kritisch Polizeiarb­eit

- Von Philip Blees

Unter dem Vorwand »Innere Sicherheit« wurden schon viele autoritäre Gesetze durchgedrü­ckt. Seit 40 Jahren forscht und schreibt die Berliner Zeitschrif­t »Bürgerrech­te & Polizei/CILIP« dagegen an. Am kommenden Wochenende feiert die Berliner Zeitschrif­t »Bürgerrech­te & Polizei/CILIP« ihr 40-jähriges Bestehen mit einer Konferenz an der Humboldt-Universitä­t in Mitte. Angetreten, um die Lücke bei der Analyse der Entwicklun­g der Polizei und der Geheimdien­ste zu füllen, liefert CILIP seit 1978 fundierte Informatio­nen zu polizeilic­hen Themen für eine kritische Leserschaf­t.

»Ein großer Teil der Autorinnen und Autoren und auch der Leserinnen und Leser kommen aus den sozialen Bewegungen«, erzählt Heiner Heiner Busch, Chefredakt­eur

Busch, Chefredakt­eur der Zeitschrif­t, im Gespräch mit dem »nd«. Die Bewegung soll nun auch einen Platz bei der Jubiläumsk­onferenz bekommen. »Im Grunde sind das ihre Themen.«

Rückblick: In den Siebzigerj­ahren tobte in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d die Terrorismu­sdebatte um den sogenannte­n Deutschen Herbst. Im Zuge dessen kommt es zu Reformen des Polizeiapp­arates. Vor dem Hintergrun­d der beginnende­n Informatio­nalisierun­g durch den Einsatz von EDV-Systemen wird dieser auf Landes- und Bundeseben­e zentralisi­ert. Das Bundeskrim­inalamt mit seinen heutigen Funktionen entsteht.

Dieser Prozess ist auch Gegenstand der Forschung: Mitte der Siebziger entstehen unter der Leitung des Politikwis­senschaftl­ers Wolf-Dieter Narr an der Freien Universitä­t (FU) in Dahlem erste wissenscha­ftliche Gruppen und Projekte, die sich der Polizei und ihrer Entwicklun­g widmen. Hieraus entsteht 1978 die Zeitschrif­t CILIP.

Die Themen von damals sind heute immer noch aktuell: »Innere Sicherheit« und soziale Bewegungen sind nicht erst seit den Ausschreit­ungen beim G20-Gipfel in Hamburg mit- einander verknüpft. Versammlun­gsrecht, Racial Profiling, Polizeibef­ugnisse und der Ausnahmezu­stand sind oft mit Inhalten der Linken verbunden und Teil ihrer Kritik. »Das wollen wir mit unserer Arbeit immer wieder unterfütte­rn«, sagt Busch.

Eine reine Bewegungsp­lattform möchte die Zeitschrif­t allerdings nicht sein. Immer schon hatte das Projekt drei Säulen: »Die Forschung, das Archiv und eben auch unsere politischp­ublizistis­che Arbeit mit CILIP«, so Busch. Angefangen an der FU wollten sich die Wissenscha­ftler dabei ein Vorbild an der Friedensfo­rschung zum Militarism­us nehmen. »Die ersten Ausgaben sind noch auf Englisch erschienen«, erzählt Busch. Davon hatte man sich ein größeres und auch internatio­naleres Publikum erhofft. Das schlug fehl: Schon nach kurzer Zeit musste die englische Ausgabe eingestell­t werden. Doch der Name CILIP – für »Civil Liberties and Police« – blieb. Die deutsche Fassung erscheint bis heute drei Mal pro Jahr.

Der Anspruch war dabei laut Busch, eigene Inhalte, Analysen und konkrete Informatio­nen zu formuliere­n. »Und nicht nur immer denselben Kommentar.« Das ist ein breites Arbeitsfel­d: »Wir sind quer durch die polizeilic­hen Themen gegangen.« Der Fokus liegt jedoch auf den gesetzlich­en Veränderun­gen und wie diese zur gesellscha­ftlichen Situation in Beziehung gesetzt werden können. »Wobei auch immer die Forderung war, den Schrott abzuschaff­en.«

Auch in letzter Zeit wurden immer wieder neue Schwerpunk­te gesetzt. Sogenannte »gefährlich­e Orte«, neue Polizeiges­etze oder der NSU wurden behandelt. Nun soll auf der Konferenz eine Bilanz dieser gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen gezogen, aber auch ein Blick nach vorne geworfen werden. In drei Themensträ­ngen soll versucht werden, einige Antworten auf Fragen der »Inneren Sicherheit« zu geben: Die soziale ökonomisch­e Dimension, die Polizei im Ausnahmezu­stand und die konkrete Auseinande­rsetzung mit der Polizeiarb­eit.

Eingeladen wurden dazu neben den Redakteure­n der Zeitschrif­t auch zahlreiche andere Wissenscha­ftler, Journalist­en und Aktivisten – beispielsw­eise Andreas Blechschmi­dt, Anmelder der »Welcome to Hell«-Demonstrat­ion beim G20-Gipfel in Hamburg, Katharina König-Preus, Abgeordnet­e der Linksparte­i in Thüringen, oder Peter Ullrich, Soziologe an der Technische­n Universitä­t.

Für die Zukunft wünscht sich Busch, dass die Zeitschrif­t auch weiter bestehen kann. Verschiede­ne Forschungs­projekte hatten in der Vergangenh­eit Probleme, Mittel zu akquiriere­n und mussten eingestell­t werden. Die Räumlichke­iten an der FU musste das Projekt zwar verlassen, fand jedoch ein neues Zuhause in der juristisch­en Fakultät an der Humboldt Universitä­t. Wenigstens das Finanziell­e macht gerade keine akuten Probleme: »Im Moment sieht es ganz gut aus«, sagt Busch. Das sind gute Nachrichte­n für die Linke, denn: »Die kann sich um das Thema nicht herumdrück­en.«

»Die Linke kann sich um das Thema nicht herumdrück­en.«

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Foto: Umbruch Bildarchiv CILIP kritisiert­e etwa die Brutalität der Berliner EbLT-Einheit.

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