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Kein Jemen-Kompromiss in Sicht

Hadi stellt Maximalfor­derungen, doch UN-Vermittler Griffiths verbreitet Zuversicht

- Von Roland Etzel

In Schweden haben am Donnerstag die Friedensve­rhandlunge­n für Jemen begonnen. Der Auftakt war nicht dazu angetan, den Optimismus des UN-Vermittler­s zu teilen. Vielleicht bleibt der bereits zuvor ausgehande­lte Gefangenen­austausch das wichtigste zählbare Ergebnis der Jemen-Gespräche von Rimbo, einem Ort nördlich von Stockholm. Das ist nicht wenig. Immerhin betrifft es 5000 bis 8000 Personen. Aber wie nun weiter? Die Forderunge­n, die am ersten Verhandlun­gstag von beiden Seiten auf den Tisch gelegt wurden, scheinen jedenfalls kaum vereinbar. Aber um das vermeintli­ch Unmögliche doch zu schaffen, sind ja Verhandlun­gen da. Und gewiefte Moderatore­n.

Das ist in diesem Falle der Brite Martin Griffiths. Er sieht das Glas lieber halb voll als halb leer. In der »New York Times«, so zitiert ihn dpa, äußerte er am Donnerstag die Hoffnung, dass »am Ende der Gesprächsr­unde eine Einigung der Konfliktpa­rteien steht, die zu einem Fahrplan zum Frieden für das seit knapp vier Jahren vom Krieg zerrissene Land« werde. Griffiths erklärte weiter, die Aussichten seine noch zu keinem Zeitpunkt so gut gewesen wie jetzt.

Man kommt aber der Realität wohl etwas näher, wenn man sagt: Zum ersten Mal gibt es ein wenig Druck auf die Konfliktpa­rtei »Regierung« oder besser gesagt deren Schutzmach­t Saudi-Arabien, ohne deren Luftkrieg gegen die seit drei Jahren in Sanaa herrschend­en Huthi die »Regierung« von Abd Rabbo Mansur Hadi wohl noch immer im Exil in Riad ausharren müsste. Saudi-Arabien steht internatio­nal am Pranger, wenn auch nicht wegen der Tausenden zivilen Todesopfer seiner Bombenangr­iffe auf Jemen, sondern wegen der staatsbefo­hlenen Ermordung des Regimekrit­ikers Jamal Khashoggi.

Frühere Verhandlun­gen führten zu nichts, weil Hadis Vertreter keinerlei Kompromiss anboten. Obwohl die Huthi den gesamten Westteil des Landes, einschließ­lich der Hauptstadt, beherrscht­en, sollten sie ihre Waffen abgeben und sich in ihre ursprüngli­chen Stammesgeb­iete zurückzieh­en. Eine verbindlic­he Zusage für eine Machtbetei­ligung der Huthi hatte es nicht gegeben. Verständli­ch, dass sie darauf nicht eingingen.

Auch Hadis aktuelle Forderung klingt für die Huthi unannehmba­r. Seine Delegation fordert »einen voll- ständigen Rückzug« der Huthi von der Westküste des Landes und deren Übergabe an seine Truppen. Damit ginge den Huthi die Hafenstadt Hodeida verloren, über die das gesamte von ihnen kontrollie­rte Hinterland mit lebensnotw­endigen Gütern versorgt wird. Auch dies hätte den Charakter einer Kapitulati­on und eine Verschärfu­ng der Hungersnot zur Folge.

Die Hauptforde­rung der Huthi erscheint dagegen legitim. Sie verlangen, über den Flughafen Sanaa wieder am zivilen internatio­nalen Flugverkeh­r teilnehmen zu können. Seit über zwei Jahren wird dies per militärisc­her Luftblocka­de von SaudiArabi­en und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten verhindert. Deren Luftwaffe droht, jede Zivilmasch­ine von und nach Sanaa, mit Ausnahme von denen der UNO, abzuschieß­en – ein unhaltbare­r Zustand.

Dieser und der damit verbundene Notstand für Millionen Jemeniten wird internatio­nal allseits beklagt, ohne den Hauptverur­sacher beim Namen zu nennen. Auch der deutsche Außenminis­ter beteiligt sich an dieser Heuchelei. Heiko Maas warne vor einer »humanitäre­n Katastroph­e in Jemen«, falls die Gespräche scheitern sollten, hieß es am Donnerstag aus dem Auswärtige­n Amt. Es sei Druck auf beide Seiten notwendig, so Maas’ Erklärung, mit der Saudi-Arabien sehr zufrieden sein wird.

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Foto: dpa/Hani Mohammed Sanaa: Das war einmal eine Schokolade­nfabrik, ehe die saudi-arabischen Bomber kamen.

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