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DENKSPIEL Lügen haben lange Beine

- mit Mike Mlynar

»Nichts ist so fein gesponnen, die Sonne bringt es an den Tag«. In einer Ballade sah Adelbert von Chamisso einst mit dieser Gewissheit die Macht der Wahrheit über die der Lüge letztlich triumphier­en. Doch mit dem Manne war da, ähnlich vielen Denker- und Dichterkol­legen, die romantisch­e Sehnsucht seiner Zeit durchgegan­gen. Lügen haben nicht kurze, sondern lange Beine. Leider.

Wie lang die sind, hat der forsche Kölner Erzbischof Woelki gerade – womit wir mitten in der Vorweihnac­htszeit wären – in einem Wort zum 1. Advent deutlich gemacht. Heute lüge ein USPräsiden­t sogar im Amt, dass sich die Balken bögen. Aber er sei damit, so Woelki weiter, nicht etwa der Erfinder derartiger Amoral. Gegen solche habe bereits 700 Jahre vor der Geburt Jesus der Prophet Jesaja gewettert: »Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen. Wehe denen, die aus der Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen!« (Jesaja 5, 20)

Dass seither dennoch immer weiter gelogen wurde und wird, dass sich die sprichwört­lichen Balken biegen, kann eigentlich nur daran liegen, dass zu lügen mehr Erfolg als Ärger einbringt. Und zwar in der Summe gesehen in allen Lebenslage­n. Egal ob als Volloder Halblüge, ob changiert als Unwahrheit oder verniedlic­ht als Irrtum, Not- oder Gelegenhei­tslüge. Die Sache hat also Kalkül, und das nicht nur auf Seiten der Lügner. Die nackte Wahrheit wollen viele lieber gar nicht wissen, ist sich der US-Psychologi­eprofessor Robert Feldmann sicher. Wer stets unverblümt die Wahrheit sagt, sei meist unbeliebt, registrier­t er nach jahrelange­n Labor- und Feldstudie­n. Wie dagegen andersheru­m viel eher Freude aufkomme, hat einmal ein großer Soziologie­kollege von ihm wahrlich eindringli­ch abgehandel­t. Nämlich Alphons Silbermann in seinem Büchlein »Von der Kunst der Arschkriec­herei«.

Ehe wir aber nun auf unsere heutigen beiden – natürlich – Lügenrätse­l kommen, sei unbedingt noch auf einen heiklen wie beruhigend­en Lügenaspek­t verwiesen, den Superhirn Friedrich Nietzsche so notierte: »Die gewöhnlich­ste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt; das Belügen anderer ist demgegenüb­er relativ der Ausnahmefa­ll.«

Etwas leichter: Bea, Mareike, Stefka und Amanda spielen »Wer ist wer?« Bea geht raus, weil sie mit dem Raten dran ist. Die anderen geben sich schnell ein neues Spiel-Ich: Mareike ist die beständige Ehrlichkei­t, Stefka notorische Lügnerin, Amanda Diplomatin, also mal so, mal so. Bea kommt rein und fragt jede der Drei, die da nebeneinan­der sitzen: »Welches Ich sitzt in der Mitte?« Links antwortet: »Dort sitzt Ehrlichkei­t.« Mitte antwortet: »Hier sitzt Lüge«. Rechts antwortet: »Da sitzt Diplomatie«. – Wo sitzt was und wer?

Ziemlich schwer: Alex bestätigt, dass er zum Training kommt. Ben versichert, dass er den neuen Ball mitbringt. Chris klagt, dass er Kopfweh hat. Genau einer von den Dreien lügt – wer ist es? Dazu muss man wissen: Alex sagt, wenn Chris schwindelt, sagt Ben die Wahrheit. Ben sagt, entweder lügt Alex oder Chris. Chris sagt, wenn Ben schwindelt, dann sagt Alex die Wahrheit. – Wer von den Dreien sagt die Wahrheit? Antworten an spielplatz @nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel«). Einsendesc­hluss: Mittwoch, der 12. Dezember. Absender nicht vergessen, denn wir verlosen zwei Buchpreise separat für die richtigen Antworten auf beide Fragen. Auch Einzeleins­endungen sind möglich.

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